Der zentrale Rechtsbegriff für die Sicherheit von Produkten ist die sogenannte Produktkonformität (eng. Product compliance). Sie ist EU-weit nicht nur für Hersteller, Einführer (Importeure) und Händler, sondern auch für die Marktüberwachung maßgebend.
In diesem Artikel finden Sie Erläuterungen und Hinweise zu folgenden Fragestellungen:
Wer sich mit der Sicherheit von Produkten, ob Elektrogerät oder Spielzeug, Maschine oder Schutzausrüstung beschäftigt, wird sehr schnell beim Begriff der Konformität landen. Dieser Terminus wird ansonsten eher in der Psychologie verwendet, etwa beim Beschreiben von Phänomenen wie Gruppenzwang. Konformität bezeichnet hier die Übereinstimmung eines Einzelnen mit der Meinung, den Werten oder dem Weltbild einer Gruppe oder Mehrheit.
Auch im Produktsicherheitsrecht geht es um Übereinstimmungen. Ein bestimmtes (einzelnes) Produkt soll mit den übergeordneten Anforderungen an seine Produktgruppe übereinstimmen. Ist diese Übereinstimmung nicht gegeben, gilt das Produkt als „nicht konform“ und muss vom Markt genommen werden bzw. darf erst gar nicht in Verkehr gebracht werden.
Die Konformität eines in der EU vermarkteten Produkts bezieht sich nicht auf Meinungen, sondern auf wesentliche Sicherheitsziele, die in europäischen Richtlinien festgelegt und durch technische Normen konkretisiert oder umgesetzt werden. Dem Sinn nach stehen hinter diesen Anforderungen selbstverständlich Werte, nämlich die Sicherheit und Gesundheit des Menschen als Nutzer des Produkts.
Unabhängig von den Kriterien Sicherheit und Gesundheit kann sich der Begriff Konformität auch auf weitere Anforderungen beziehen, etwa auf den Umweltschutz, den Klimaschutz oder den Datenschutz, sowohl bei einem Produkt als auch einer Dienstleistung.
Oberste Maxime im europäischen Produktsicherheitsrecht ist die Verantwortung des Herstellers. Der Hersteller eines Produkts darf nur sichere Produkte auf den europäischen Binnenmarkt bringen. Er muss die Sicherheit jedes seiner Produkte in einer Risikobeurteilung ermitteln, dies dokumentieren und – für viele, aber nicht für alle – Produktgruppen mit der CE-Kennzeichnung deklarieren.
Abbildung 1: CE-relevante Vorschriften in Europa
Quelle: Eigene Zusammenstellung
Die Verantwortung des Herstellers endet nicht mit dem Verkauf des Produkts, denn es gilt die Pflicht zur Produktbeobachtung. Erhält der Hersteller Kenntnis, dass eines seiner Produkte wider Erwarten und trotz Risikobeurteilung und Konformitätsbewertungsverfahren die Gesundheit und Sicherheit des Nutzers gefährdet, muss er reagieren und alles tun, um diese Gefahr abzuwenden. Das reicht vom Informieren der Behörden über das Veröffentlichen von Produktwarnungen bis zu Rücknahme- und Rückrufaktionen.
Neben den produzierenden Unternehmen, den Herstellern, werden in vielen Rechtstexten zur Produktsicherheit weitere Wirtschaftsakteure angesprochen. Dazu gehören die Bevollmächtigten (des Herstellers), die Importeure und die Händler. Diese im Marktgeschehen involvierten Gruppen werden im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) definiert. Durch die neue Marktüberwachungsverordnung, die im Juli 2021 in Kraft getreten ist, werden nun auch Online-Marktplätze und Fulfillment Center in diese Verantwortung für Produktsicherheit mit einbezogen.
Zudem wird mit der neuen Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 die Notwendigkeit geschaffen, dass Hersteller sich im neuen EU Safety-Business-Gate registrieren. Dieses dient dazu, dass der Hersteller schnellstmöglich eine Meldung an die zuständigen Behörden übermitteln kann, sobald er Kenntnis über ein gefährliches Produkt erhält.
Ebenso werden Händler und Betreiber von Online-Marktplätzen dazu angehalten, die Daten der Käufer für Sicherheitsmeldungen und Warnungen zu registrieren. Wichtig ist hierbei, dass diese Daten nicht für kommerzielle Zwecke genutzt werden dürfen.
Der wichtigste Schritt zum Belegen der Konformität eines Produkts ist, sich an den für das Produkt zutreffenden (harmonisierten) Normen zu orientieren. Denn die europäischen Richtlinien wie auch die rechtsverbindlichen nationalen Gesetze und Verordnungen können nur grob und grundsätzlich die Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit umreißen. Die detailliertere Ausgestaltung der sicherheitsrelevanten technischen Eigenschaften eines Produkts erfolgt durch die Normung.
Normen werden von privatwirtschaftlichen Normungsorganisationen veröffentlicht und sind im Regelfall nicht rechtsverbindlich. Viele der innerhalb der EU relevanten Normen werden in den Technischen Komitees (TCs) der europäischen Normungsorganisationen (CEN, CENELEC, ETSI) erarbeitet. Ihre Anforderungen werden i. d. R. unverändert in nationale Normen übernommen.
Die mit Normung befassten Organisationen im deutschen Sprachraum sind das DIN (Deutsches Institut für Normung), die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) und Austrian Standards International (A.S.I.), das frühere Normungsinstitut Österreichs. Weltweit relevante Normen sind an den Kürzeln ISO, IEC oder ITU zu erkennen. Diese stehen für die Internationale Organisation für Normung (ISO), die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) und die Internationale Union für Telekommunikation (ITU).
Vermutungswirkung ist ein auf den ersten Blick etwas diffus wirkender juristischer Begriff, der aber in einem Konfliktfall sehr bedeutsam werden kann. Die Vermutungswirkung gilt für sogenannte harmonisierte Normen. Dies sind Normen, die nach einem festgelegten Verfahren von einer europäischen Normungsorganisation verabschiedet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurden.
Diese Normen gelten als Stand der Technik innerhalb der EU, wie es im Blue Guide von 2022 im Abschnitt 4.1.2.4. geschrieben steht. Die Akkreditierung eines Prüflabors gilt somit als Nachweis, dass die Kompetenz, diesen Stand der Technik einzuhalten, bei diesem Prüflabor vorhanden ist.
Kommt es nach einer Verletzung oder einem anderen Schadensfall bei der Benutzung eines Produkts zu einem Verfahren um Haftungsansprüche, Schadensersatz usw., muss der Hersteller darlegen, wie er sichergestellt hat, dass sein Produkt die verbindlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt.
Weist er nach, dass er alle für sein Produkt zutreffenden Anforderungen aus den harmonisierten Normen erfüllt hat, dann nimmt das Gericht (zugunsten des Herstellers) an, dass er damit auch die übergeordneten Anforderungen des EU-Produktsicherheitsrechts erfüllt hat.
Dies ändert nichts an der Tatsache, dass der Hersteller dennoch notwendige Änderungen vornehmen muss, sollte von dem Produkt eine Gefahr ausgehen. Stellt sich heraus, dass der Hersteller nicht nach den für das Produkt relevanten normativen Vorgaben vorgegangen ist, stellt dies allein keinen Rechtsverstoß dar. Es dürfte für den Hersteller jedoch schwieriger werden, vor Gericht plausibel darzulegen, wie er gemäß seinen eigenen, selbst gewählten Kriterien das gleiche Niveau an Sicherheit hatte erreichen wollen.
Aus Sicht des Herstellers kann die Vermutungswirkung harmonisierter Normen daher einen Gewinn an Rechtssicherheit bedeuten. Auch deshalb, weil in einem Rechtsverfahren die Beweispflicht für einen Verstoß gegen die Vorgaben an Sicherheit oder Gesundheitsschutz beim Kläger resp. den involvierten Marktüberwachungsbehörden liegt.
Denn von einem Hersteller, der sich an die harmonisierten Normen hält, nimmt das Gericht – vereinfacht formuliert – bis zum Beweis des Gegenteils zunächst an (= vermutet), dass er alles richtig gemacht hat.
Ein Konformitätsbewertungsverfahren ist ein Prozess zur Überprüfung, Bewertung und Dokumentation der Übereinstimmung der Sicherheitseigenschaften eines Produkts mit den für die Produktgruppe zutreffenden Anforderungen. Im erfolgreichen Fall endet die Konformitätsbewertung mit der Erklärung der Konformität und dem Kenntlichmachen der Konformität am Produkt durch Anbringen des CE-Kennzeichens.
Je nach Produktgruppe (Maschine, Medizinprodukte, Schutzausrüstung, Elektrogeräte u. a.) legt die zutreffende europäische Richtlinie oder Verordnung fest, wie das Verfahren der Konformitätsbewertung abzulaufen hat. Der Prozess kann im Wesentlichen auf einer internen Fertigungskontrolle beruhen, kann aber auch eine EU-Baumusterprüfung erfordern oder sogar eine externe Prüfung durch eine unabhängige Stelle (Benannte Stelle, „Notified Body“) umfassen. Das genaue Vorgehen wird durch sogenannte Module in den jeweiligen einschlägig gültigen harmonisierten Rechtsvorschriften der EU aufgeführt.
Viele EU-Richtlinien verlangen vom Hersteller, für ein neues Produkt eine Risikobeurteilung (bisweilen auch als Risikoanalyse bezeichnet) zu erstellen. Sie gilt als das Kernelement des Verfahrens zur Konformitätsbewertung. Diese Risikobeurteilung soll alle von einem Produkt ausgehenden Risiken und Gefährdungen ermitteln, die notwendigen und anwendbaren Normen identifizieren und anhand der zutreffenden Richtlinien und den ermittelten Normen prüfen, ob die Schutzziele erfüllt werden. Das Einschätzen eines Risikos muss dabei nicht nur das mögliche Ausmaß eines Schadens berücksichtigen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens.
Anhand der Risikobeurteilung muss der Hersteller Maßnahmen zur Risikominderung umsetzen und die Grenzen der Produktnutzung festlegen. Auf nicht durch konstruktive Maßnahmen vermeidbare Restrisiken muss der Hersteller in seiner Technischen Dokumentation, insbesondere in den für den Benutzer vorgesehenen Informationen wie Bedienungsanleitung oder Gebrauchsanweisung hinweisen.
Die EU-Konformitätserklärung ist ein schriftliches Dokument, das am Abschluss des Konformitätsverfahrens steht. Der Hersteller erklärt damit, dass sein Produkt die zutreffenden Anforderungen an Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz erfüllt. Das Verfassen einer EU-Konformitätserklärung ist stets mit dem Anbringen einer CE-Kennzeichnung auf dem Produkt verbunden. Beide Vorgänge dürfen nur und erst dann erfolgen, wenn das Konformitätsbewertungsverfahren abgeschlossen und die Konformität erfolgreich belegt ist.
Für ein Produkt, das von mehreren EU-Richtlinien erfasst wird, muss die Konformitätsbewertung nach jeder der zutreffenden Richtlinien erfolgen. Für jedes Produkt darf allerdings nur eine Konformitätserklärung ausgestellt werden. Diese kann entweder aus einer Erklärung bestehen, die alle Anforderungen aufführt oder eine Seite pro Rechtsvorschrift umfassen, die z.B. in einem Ordner dann die EU-Konformitätserklärung darstellen.
Abbildung 2: Beispielhafte EU-Konformitätserklärung eines Toasters (Status: Juli 2021)
Die schriftliche Information des späteren Benutzers ist unverzichtbar für alle Produktgruppen, die einem Minimum an Erläuterung bedürfen. Zur Technischen Dokumentation gehören in erster Linie die aus dem privaten Alltag bekannten Bedienungsanleitungen oder Gebrauchsanweisungen.
Eine Betriebsanleitung soll über das korrekte und damit sichere Benutzen des Produkts informieren. Sie zeigt Anwendungsgrenzen auf, z.B., dass ein Elektroprodukt nur bei Trockenheit und niemals im Freien benutzt werden darf, informiert über Pflege, Wartung und Entsorgung.
Oftmals gibt es hierzu weitreichende Textvorgaben oder notwendige Informationen in den anwendbaren Normen, welche zur Erfüllung dieser Normen unerlässlich sind. Ein Beispiel hierfür ist, dass ein Mindestabstand zwischen einem Raclette / Toaster und einem Vorhang oder einer Wand bestehen muss und diese Information in der Anleitung notwendig wird.
Die Benutzerinformationen stellen jedoch nur einen Teil der Technischen Dokumentation dar. Neben dieser externen Technischen Dokumentation gehören zur internen, d. h. beim Hersteller verbleibenden Dokumentation, je nach Produkt viele weitere Dokumente wie Stücklisten, Bill-of-Material, Bill-of-Substances, Konstruktionszeichnungen, Schaltpläne, Prüfprotokolle, Informationen zum Produktionsprozess, Risikoanalysen, Inspektionsunterlagen, usw.
Die Buchstaben CE stehen für „Conformité Européenne“ (Europäische Konformität). Eine CE-Kennzeichnung wird von verschiedenen Richtlinien gefordert, z. B. von der Niederspannungsrichtlinie (LVD) oder der Richtlinie für elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und liegt bei den meisten Produkten in der Verantwortung des Herstellers.
Der Hersteller bestätigt damit in alleiniger Verantwortung, dass die vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren – so wie in den für das Produkt zutreffenden Richtlinien beschrieben – angewendet und erfüllt wurden.
Im Gegensatz zu vielen Qualitäts- und Umweltsiegeln hat eine CE-Kennzeichnung in keinem Fall einen freiwilligen Charakter. Der Rechtsrahmen ist hier eindeutig und strikt und sieht nur zwei Fälle vor:
Der Hersteller hat demzufolge keine Wahlmöglichkeit. Entweder muss er die CE-Kennzeichnung anbringen oder er darf sie auf keinen Fall anbringen. Bei Produkten, die unter die Geltungsbereiche mehrerer CE-Richtlinien fallen, erfolgt die CE-Kennzeichnung gleichwohl nur ein einziges Mal.
Die Frage, ob ein Produkt eine CE-Kennzeichnung tragen muss oder nicht, ist in der Praxis nicht immer einfach zu beantworten. Ein einfacher Klebestift fällt grundsätzlich nicht unter eine CE-Vorschrift und darf daher keine CE-Kennzeichnung aufweisen. Ist dieser Klebestift aber so gestaltet, dass Kinder ihn attraktiv finden (z.B. durch farbliche Gestaltung mit kleinen Tierfiguren), so können Behörden argumentieren, dass dieses Produkt ein Spielzeug ist und daher der Spielzeugrichtlinie unterliegt.
Die Konsequenz dieser Argumentation wäre, dass der Klebestift nach verschiedenen Normen der Spielzeugrichtlinie (z.B. EN 71-1, EN 71-2, …) getestet werden muss und eine CE-Kennzeichnung auf dem Produkt verpflichtend wäre. Ähnliche Diskussionen und sogar Prozesse sind bei vielen Dekorationsartikeln schon geführt worden, wenn diese Dekorationsartikel Tiere darstellen oder eben attraktiv für Kinder sind („child appealing“) und daher von den Behörden als Spielzeug eingestuft werden bzw. wurden.
Die CE-Kennzeichnung muss i. d. R. auf dem Produkt und seiner Verpackung angebracht werden. Form und Größe sind vorgeschrieben, auch muss die CE-Kennzeichnung sichtbar, lesbar und dauerhaft angebracht sein. Gerade bei sehr kleinen Produkten (z.B.: USB Stick, einzelne Kabelbinder oder Nägel) ist das Anbringen der CE-Kennzeichnung teilweise nicht möglich und ist daher auch auf der Verpackung erlaubt.
Zur CE-Kennzeichnung können je nach Produkt viele weitere verpflichtende Kennzeichnungselemente kommen wie Name und Adresse des Herstellers, Angaben zur Produktidentifikation, technische Spezifikationen, Größenangaben oder Anwendungs- und Warnhinweise.
Eine vollständige und inhaltlich richtige EU-Konformitätserklärung ist aber nicht gleichbedeutend mit der Rechtskonformität des Produktes. Diese Rechtskonformität wird oft auch als Verkehrsfähigkeit bezeichnet. Neben den CE-Vorschriften für die einzelnen Produkte gibt es weitere landesspezifische und auch europäische Vorschriften, die ein Produkt erfüllen muss, um wirklich rechtskonform zu sein.
Zu nennen sind hier beispielsweise die REACH- und die POP-Verordnung ((EG) Nr. 1907/2006 bzw. (EU) 2019/1021 und deren zahlreiche Ergänzungen), die das Vorhandensein oder den Gehalt bestimmter chemischer Stoffe in Produkten verbieten bzw. regulieren.
Weiter zu beachten sind bei bestimmten Produkten die europäische Entwaldungsverordnung (EU) 2023/1115 die Verordnung zu Konfliktmineralien ((EU) 2017/821) oder die verschiedenen nationalen Entsorgungs- und Kennzeichnungsverpflichtungen. Erst wenn ein Produkt diese weiteren Vorschriften erfüllt und diese auch dauerhaft einhält, ist die vollständige Rechtskonformität bzw. Verkehrsfähigkeit gewährleistet.
Wie schon beschrieben gibt es für viele Produktgruppen (Maschinen, Spielzeuge, elektronische Produkte, …) in der EU detaillierte Richtlinien und Verordnungen, um die Sicherheit der Produkte zu gewährleisten und festzulegen, wie das Verfahren der Konformitätsbewertung abzulaufen hat.
Allerdings sind auch viele Produkte nicht europaweit harmonisiert und unterliegen eben keinen europäischen produktspezifischen (CE) Richtlinien oder Verordnungen. Hierzu gehören beispielsweise viele Bedarfsgegenstände wie Teller, Tassen oder Besteck, aber auch viele Möbel, Dekoartikel, Kleidungsstücke, Fahrräder, u.v.m.
Bei diesen Produkten existieren in der Regel allerdings nationale Vorschriften, die das Produkt erfüllen muss, um im jeweiligen Land vermarktet werden zu dürfen. Beispiele hierfür sind in Deutschland das LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch), das vor allem bei Produkten zu berücksichtigen ist, die mit Lebensmittel in Kontakt kommen oder längeren Hautkontakt haben.
Bei Kleidungsstücken sind zudem die Textilkennzeichnungsverordnung ((EU) 1007/2011), aber auch die Chemikalien-Verbotsverordnung zu berücksichtigen. Die neue Produktsicherheitsverordnung weitet die Anforderungen insbesondere für Hersteller und Importeure aber auch auf diese nicht durch CE-Vorschriften geregelte Produkte aus.
Da es eine vorgeschriebene EU-Konformitätserklärung nur für die sogenannten CE-Produkte gibt, ist die Erstellung einer allgemeinen Konformitätserklärung für Nicht-CE-Produkte nicht unbedingt vorgesehen und es existieren hierfür auch keine inhaltlichen oder formalen Vorgaben.
Da viele Handels-Kunden vom Hersteller oder Importeur aber auch für Nicht-CE-Produkte eine Konformitätserklärung haben möchten, bieten sich hier freiwillige Selbsterklärungen für die Konformität der Produkte an. In diesen kann dann auf die für dieses Produkte angewendeten Vorschriften und Normen Bezug genommen werden.
Besonders wichtig ist hierbei die Anforderung an die dauerhafte Erfüllung der Rechtskonformität. In der heutigen schnelllebigen Zeit ist es nicht ungewöhnlich, dass sich Komponenten oder Materialien bei einem Serienprodukt im Zeitablauf ändern: Bauteile sind nicht mehr verfügbar, der Vorlieferant hat seinen Lieferanten gewechselt, Materialien ändern sich oder kleine Elektronikkomponenten werden durch neuere ersetzt.
Juristisch gesehen ergeben sich hierdurch neue Produkte, die in der Regel nicht mehr identisch mit der ursprünglich geprüften Produktvariante sind. Sehr oft sind die neuen Varianten dann auch nicht mehr konform mit den für dieses Produkt geltenden Vorschriften.
Da sich zudem die Vorschriften und Normen in immer kürzeren Zeitabständen ändern, um dem aktuellen Stand der Technik gerecht zu werden, müssen Serienprodukte eigentlich fortwährend (bei jeder Lieferung) auf die Einhaltung der Konformität überprüft werden. Vor allem bei den chemischen Vorschriften (z.B. REACH) ändern sich die Anforderungen oftmals zweimal pro Jahr, da zusätzliche gefährliche Substanzen auf die sogenannte Kandidatenliste gesetzt werden.
Um die Konformität zu gewährleisten, muss überprüft werden, ob und in welchen Mengen die neuen Stoffe im Produkt vorhanden sind und ob diese u.U. gegen den Anhang XVII der REACH-Verordnung verstoßen. Um auch die formale Konformität zu gewährleisten, sollte auch die entsprechende Dokumentation überarbeitet werden und aus der Dokumentation sollte ersichtlich sein, dass für dieses Produkt auch alle Stoffe der aktualisierten Kandidatenliste überprüft wurden.
Eine ausführliche Erläuterung, wie man die Konformität bei Serienprodukten einhalten kann, finden Sie in unserem separaten Magazinbeitrag „Produkt Compliance bei Serienprodukten – Die Lösung des Dokumentations-Dilemmas“
Staatliche Stellen überwachen das Marktgeschehen auf nationaler und internationaler Ebene. Die Behörden der Marktaufsicht sollen kontrollieren, ob die auf dem Markt befindlichen oder importierten Produkte den innerhalb der EU geltenden Gesetzen und Vorschriften entsprechen.
In Deutschland werden die Aufgaben der Marktüberwachung von unterschiedlichen Behörden und Organisationen wahrgenommen, darunter das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit dem Deutschen Marktüberwachungsforum (DMÜF). Ergänzend kommen diverse Fachbehörden wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) oder das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sowie die Länderbehörden hinzu.
Im Bereich der elektronischen Produkte überwacht die Bundesnetzagentur insbesondere die Einhaltung der Richtlinie zur elektromagnetischen Verträglichkeit von Produkten (kurz: EMV-Richtlinie – 2014/30/EU) und der RED-Richtlinie (Radio Equipment Directive – 2014/53/EU). Die Überprüfung der übrigen CE-Richtlinien bzw. deren Anforderungen unterliegen in der Regel den jeweiligen Landesbehörden in den einzelnen Bundesländern.
Abbildung 3: Marktüberwachungsbehörden in Deutschland lt. Deutschem Marktüberwachungsforum im Juni 2024
Quelle: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Technik/DMUEF/start.html
Um sich gegenseitig über gefährliche Produkte in einzelnen Mitgliedsstaaten zu informieren, betreibt die EU ein Schnellwarnsystem namens Safety Gate, das früher unter dem Titel RAPEX-System bekannt war (Rapid Exchange of Information System). Dieses System soll EU-weit den Behörden der Marktüberwachung, aber auch den Verbrauchern die Möglichkeit geben, sich neutral und unabhängig über gefährliche Produkte zu informieren.
Für Deutschland führt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die Datenbank „Gefährliche Produkte“. Dort lassen sich aktuelle Produktwarnungen, Rückrufe, Untersagungsverfügungen usw. recherchieren. Der Zugang ist für jedermann kostenlos möglich über www.rueckrufe.de.
Bei Verdacht auf Sicherheitsmängel oder Verstöße gegen den fairen Wettbewerb haben die Behörden das Recht, das Inverkehrbringen eines Produkts zu untersagen. Wurde das Produkt bereits auf dem Markt bereitgestellt, kann die Behörde einen Rückruf, die Rücknahme und / oder eine erneute Prüfung des beanstandeten Produkts anordnen.
Mitarbeiter der Marktüberwachungsbehörden haben im Umgang mit den herstellenden oder importierenden Unternehmen weitere Befugnisse. Sie dürfen Geschäftsräume betreten, Produkte prüfen und Bußgelder verhängen. Neben den ordnungswidrigkeitsrechtlichen Folgen können Verstöße gegen das Produktsicherheitsrecht strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen haben.
Je nach Produktgruppe wurden die jeweiligen Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz in eigenen Richtlinien festgelegt. Denn für die Sicherheit eines Spielzeugs müssen andere Vorgaben und Standards beachtet werden als etwa für die Sicherheit eines Mixers oder einer Atemschutzmaske.
Allerdings existieren auch innerhalb der Produktgruppen teilweise gravierende Unterschiede bzgl. der rechtlichen Anforderungen, da sich die technischen Spezifikationen, die Komplexität des Produkts, die Materialien, die Anwendungsbereiche und vor allem die Zielgruppen stark unterscheiden können.
So gibt es bei Puzzlespielen unterschiedliche Anforderungen für Puzzle mit weniger als 500 Teilen als für Puzzle mit mehr als 500 Teilen Puzzle mit weniger als 500 Teilen gelten als Spielzeug, Puzzle mit mehr als 500 Teilen als Unterhaltungsprodukt für Erwachsene. Lt. der Spielzeugrichtlinie „spielen“ nur Kinder unter 14 Jahren, Produkte für Erwachsene gelten nicht als Spielzeug im Sinne der Richtlinie.
Letztendlich muss der Hersteller oder Importeur jedes einzelne Produkt im Detail analysieren und auch die voraussichtliche und mögliche Nutzungssituation sowie die Nutzer in die Überlegungen einbeziehen, um eine adäquate Einschätzung des potentiellen Risikos und der anzuwendenden Normen und Prüfungen zu treffen. Auch innerhalb einer Produktgruppe müssen oft folgende Fragen gestellt und beantwortet werden:
Um die unterschiedlichen Anforderungen an verschiedene Produktgruppen deutlich zu machen, erläutern wir im Folgenden einige Konformitätsanforderungen von Elektroprodukten, Spielzeugen und Schutzausrüstungen.
Für Elektrogeräte relevant sind in der Regel die Niederspannungs-Richtlinie 2014/35/EU, die EMV-Richtlinie 2014/30/EU zur elektromagnetischen Verträglichkeit sowie die Funkgeräterichtlinie 2014/53/EU (RED). Größere Elektroprodukte wie Waschmaschinen, Kühlschränke oder TV-Geräte, aber auch Lichtquellen und externe Netzteile, unterliegen zudem der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG und in Deutschland in das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) integriert wurde.
Darüber hinaus sind die Bestimmungen aus der RoHS-Richtlinie 2011/65/EU (RoHS 2) und der WEEE-Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte zu beachten. Da die Produkte in der Regel verpackt sind, müssen bei nahezu allen Produkten auch die Anforderungen der jeweiligen nationalen Verpackungsvorschriften (Verpackungsgesetz) beachtet werden. Neben diesen produktspezifisch klar geregelten Anforderungen müssen auch Elektroprodukte natürlich die produktübergreifenden REACH- und POP-Verordnungen erfüllen.
Dass gerade Elektrogeräte oft nicht konform sind und sehr oft elektrische Schläge, Verbrennungen und Feuer auslösen können, wird bei einer Analyse der Eintragungen gefährlicher Produkte im Safety Gate der Europäischen Union deutlich. Hier tauchen regelmäßig eine hohe Anzahl kleiner Haushaltsgeräte (z.B. Wasserkocher, Fön), Ladegeräte oder Steckerleisten auf, die aufgrund konstruktiver Mängel, schlechter Materialauswahl oder mangelnder Produktionsqualität vom Markt genommen oder sogar zurückgerufen werden müssen. Oft verstoßen diese Produkte gegen die Niederspannungsrichtlinie und unter anderem gegen die europäischen Normen EN 60335-1. EN 62368-1, EN 60598-1
Spielzeug wird im europäischen Produktsicherheitsrecht gesondert behandelt. Denn für Produkte, die sich speziell an Kinder richten und von Kindern benutzt werden, gelten besondere Anforderungen. Von Kindern kann nicht angenommen werden, dass sie Gefahren und Risiken erkennen oder gar Bedienungsanleitungen lesen.
Maßgeblich ist hier die Spielzeug-Richtlinie 2009/48/EG und im deutschen Recht die Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug, die auch als 2. ProdSV bekannt ist. Zum Nachweis der Konformität mit den europäischen Anforderungen sind Prüfungen nach verschiedenen Normen der Normenreihe EN 71 vorgeschrieben bzw. zu empfehlen.
Dabei fokussieren sich die Normen EN 71-1, EN 71-2 und EN 71-3 auf die allgemeinen Anforderungen an alle Spielzeuge (mechanische und physikalische Eigenschaften, Entflammbarkeit und Migration bestimmter Elemente), während die übrigen Normen (EN 71-4 bis EN 71-14) die speziellen Anforderungen an einzelne Produkte oder Produktgruppen regeln (z.B. Experimentierkästen, Fingermalfarben, Trampoline).
Auch Spielzeuge tauchen immer wieder im Safety Gate der Europäischen Union auf. Die Risiken für die Kinder sind hier in der Regel Erstickungsgefahren durch kleine, sich lösende Teile, Strangulationsgefahren durch Schnüre oder Bänder und gefährliche chemische Substanzen, deren Vorhandensein in Spielzeugen sehr viel strenger reglementiert ist als bei anderen Produkten.
Zur Konformität von Spielzeugen zählt auch die richtige Kennzeichnung, da die Spielzeugrichtlinie für verschiedene Produkte bzw. Anwendungen ganz konkrete Vorschriften für die Kennzeichnung enthält (z.B. „Nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet“ oder „Benutzung unter unmittelbarer Aufsicht von Erwachsenen“).
Weiterhin gilt es zu beachten, dass auch die Verpackung der Spielzeuge Bestandteil des Produktes ist und diese Verpackung ebenfalls konform mit den geltenden europäischen Vorschriften wie z.B. REACH oder POP sein muss. Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen, da die Verpackung der Produkte oft nicht getestet wird, die Marktaufsichtsbehörden aber über sogenannte XRF-Scanner sehr einfach verbotene Substanzen in den Verpackungen erkennen können.
Regulatorisch überaus anspruchsvoll sind elektronische Spielzeuge, die in zahlreichen Variationen in den Markt gebracht werden. So unterliegen ferngesteuerte Spielzeugautos oder Plüschfiguren, die, vom Smartphone über Bluetooth gesteuert, Geräusche oder Bewegungen machen können, nicht nur der Spielzeugrichtlinie, sondern auch den jeweiligen elektronischen Anforderungen (z.B. Niederspannungsrichtlinie, EMV-Richtlinie, Ökodesign-Richtlinie, RoHS, RED, …). Der Nachweis der Konformität kann bei derartigen Produkten leicht Prüfungen im Wert von mehreren tausend € nach sich ziehen.
Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist der Oberbegriff für alle Kleidungs- und Ausrüstungskomponenten, die den Körper von Kopf bis Fuß vor Verletzungen und Gesundheitsgefahren schützen. Maßgeblich ist die Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen. Aus Sicht des Herstellers relevant ist die Abgrenzung zwischen PSA und Medizinprodukten, denn für letztere gelten eigene Bestimmungen aus der Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745.
Deutlich wurde dies vor kurzem während der Coronapandemie. Denn bei den diversen Produkten zum Mund-Nasen-Schutz und Atemschutz war die Unterscheidung nicht immer deutlich erkennbar. Grundsätzlich gilt eine Atemschutzmaske als PSA, wenn sie ihren Träger schützen soll.
Klassisches Beispiel ist eine FFP2-Maske bei stark staubenden Tätigkeiten. Wird eine Atemschutzmaske jedoch getragen, um einen Patienten zu schützen, etwa vor Infektionen durch das OP-Personal, dann gilt diese Maske als Medizinprodukt.
Die Einteilung ist somit dem Produkt (hier der Maske) und seiner Bauart selbst nicht zwingend anzusehen, sondern erfolgt aufgrund des Einsatzzwecks. Dabei ist es durchaus möglich, ein Produkt sowohl als Schutzausrüstung wie als Medizinprodukt zu deklarieren, sofern der Hersteller beide Regelungswerke berücksichtigt.
Die Komponenten der PSA werden laut Verordnung (EU) 2016/425 in die drei Kategorien I, II und III eingeteilt. Mit höherer Kategorie wächst die Schutzfunktion, aber auch die Anforderungen an die Fertigungskontrolle und Qualitätssicherung nehmen zu.
Die Sicherstellung der dauerhaften Produktkonformität ist gerade bei der heutigen Geschwindigkeit von Produkt-Neueinführungen und der zunehmenden Sortimentsbreite eine sehr komplexe Aufgabe für Hersteller, Importeure und Handelsunternehmen.
Gleichzeitig gewinnen die Themen Produktsicherheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz, aber auch die sozialen Anforderungen an die gesamte Wertschöpfungskette (Stichwort Lieferkettengesetz) zunehmend an Bedeutung.
Die Sicherstellung von Produkt und Social Compliance erfordert daher von den handelnden Unternehmen in Zukunft eine viel stärkere Beschäftigung mit den vielfältigen rechtlichen Anforderungen und den Aufbau entsprechenden Know hows und adäquater Ressourcen.