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Rapex-Report am Donnerstag: Kosmetika und Spielzeuge im Fokus der Marktaufsichtsbehörden

Im März wurden insgesamt 234 gefährliche Produkte in das Safety Gate der europäischen Union eingestellt. Offenbar haben einige der Marktaufsichtsbehörden über Ostern ein paar Home office-Tage eingelegt, da in den Monaten vorher mehr als 300 kritische Produkte gemeldet wurden.

Der größte Anteil fiel im April mit 23,1 % wieder auf Kosmetika, gefolgt von Spielzeugen mit 22,6 % und Elektrogeräten und -zubehör (incl. Kommunikations- und Multimediageräte, Beleuchtung und Lichterketten) mit 15,8 %.

Aus China stammten im April 43,6 % der beanstandeten Produkte, 18,8, % wurden online verkauft. Mehr als jedes dritte Produkt (36,8 %) muss von den verantwortlichen Herstellern, Importeuren oder Distributoren von den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Die eifrigsten Meldeländer waren Deutschland (37 Meldungen), Tschechien und Schweden (je 35 Meldungen). Im Sicherheitsportal, früher unter dem Namen RAPEX bekannt, erfolgt der Informationsaustausch über potenziell gefährliche Produkte zwischen den Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten der EU. Gestützt auf diese Informationen können die Behörden entsprechende Maßnahmen ergreifen und bei Bedarf zusätzliche Überprüfungen oder Untersuchungen einleiten.

Konsequenzen nicht konformer Produkte

Produkte, die nicht den Standards entsprechen, können für Unternehmen verheerende Folgen haben. Neben den offensichtlichen finanziellen Belastungen drohen langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen. Laut einer Studie der Allianz können Rückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten in Höhe von 650.000 € bis 1.000.000 € verursachen. Importverbote können bereits bei mittelgroßen Lieferungen Kosten von 50.000 € bis 100.000 € verursachen, zusätzlich zu Strafzahlungen an Kunden und dem Verlust des Unternehmensimages.

Durch die Implementierung effektiver Compliance-Strategien können Unternehmen die Wahrscheinlichkeit von Produktfehlern verringern und potenzielle Risiken frühzeitig erkennen. Stichprobenartige Tests stellen sicher, dass Produkte regelmäßig auf ihre Konformität mit den Standards überprüft werden, während eine zuverlässige Dokumentation den Nachweis der Einhaltung ermöglicht und im Falle von Rückrufen oder Untersuchungen eine schnelle Reaktion ermöglicht.

Wir empfehlen daher unseren Kunden dringend, proaktiv in ihre Compliance-Strategien zu investieren.

Wieder fast 50 Kosmetika mit BMHCA

Ähnlich wie in den letzten Monaten wurden wieder über 50 kosmetische Produkte von den Marktaufsichtsbehörden mit Verkaufsverboten belegt. 46 der beanstandeten Produkte (85,2 %) enthielten lt. den jeweiligen Zutatenlisten das Produkt 2-(4-tert-butylbenzyl) Propionaldehyd (BMHCA), was in kosmetischen Mitteln verboten ist. BMHCA kann das Fortpflanzungssystem schädigen, die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen und die Haut sensibilisieren.

Während die italienischen Marktaufsichtsbehörden, die in den letzten Monaten überproportional viele Meldungen abgaben, kaum in Erscheinung traten, kamen die Meldungen im April überwiegend aus Tschechien (51,9 %) und aus Rumänien (22,2%). Die Herkunft der beanstandeten Kosmetika verteilte sich relativ breit über die Länder Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und Polen.

Kosmetika mit HICC, MCI, MI, Arsen, Blei und Cadmium

Neben BMHCA enthielten verschiedene Kosmetika die Stoffe Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexen Carboxaldehyd (HICC), Methylchloroisothiazolinon (MCI) und Methylisothiazolinon (MI), die in kosmetischen Mitteln bzw. Leave-on-Produkten verboten sind ist.

Ein Körperpulver Produkt enthielt nicht nur übermäßige Mengen an Arsen (gemessener Wert bis 25,5 mg/kg), Blei (gemessener Wert bis 105,7 mg/kg) und Cadmium (gemessener Wert bis zu 1,22 mg/kg). Arsen kann Krebs verursachen, die Fruchtbarkeit oder das ungeborene Kind schädigen, Organschäden durch längere oder wiederholte Exposition verursachen. Blei ist schädlich für die menschliche Gesundheit, sammelt sich im Körper an und kann sich auf gestillte oder ungeborene Kinder auswirken. Cadmium ist schädlich für die menschliche Gesundheit, weil es sich im Körper ansammelt, die Nieren und Knochen schädigen kann und Krebs verursachen kann.

Darüber hinaus enthielt das Produkt die allergenen Flagranzen Linalool und Benzylsalicylat, die nicht auf der Verpackung angegeben waren. Linalool kann eine allergische Hautreaktion verursachen und schwere Augen- und Hautreizungen verursachen. Benzylsalicylat kann eine allergische Hautreaktion, schwere Augenreizungen und schädlich für das Wasserleben mit lang anhaltenden Wirkungen verursachen.

Abb. 1: Körperpulver mit Arsen, Blei und Cadmium
Quelle: Europäische Kommission,  https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012283, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Gefährliche Spielzeuge im Fokus der Marktaufsichtsbehörden

Spielzeuge stehen regelmäßig in hoher Anzahl im Safety Gate der Europäischen Union, da sie unterschiedlichste Risiken für Kinder bergen. Neben Risiken des Erstickens oder der Strangulation werden auch immer wieder Produkte bemängelt, die chemische Risiken, Umweltrisiken oder allgemeine Verletzungsrisiken für Kinder mit sich bringen. Im April waren es wieder über 50 Produkte, von denen 86,8 % aus China stammten.

Kritische Batteriefächer bei elektronischen Spielzeugen

Ein immer wieder auftauchender Mangel sind Batteriefächer, die sich von Kindern leicht öffnen lassen oder brechen können. Ein Kind kann die zugänglichen Knopfzellen in den Mund stecken, was Erstickungen und Schäden am Verdauungstrakt verursachen könnte, wenn sie verschluckt werden. Im April waren 3 Produkte davon betroffen und entsprachen weder den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie noch der Europäischen Norm EN 62115. 2 Produkte müssen von den Endverbrauchern zurückgerufen werden, eines muss vom Marktplatz Wish entfernt werden

Abb. 2: Dinosaurier-Bausatz mit gefährlichem Batteriefach
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011971, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Abb. 3: Leuchtschwert mit gefährlichem Batteriefach
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012236, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Kinderrucksäcke mit Phtalaten

Ein weiterer Grund für Beanstandungen, Verkaufsverboten und Produktrückrufen sind chemische Risiken, die von Spielzeugen ausgehen. Insgesamt wiesen im April 22 Produkte (41,5 %) derartige chemische Risiken auf. Allein bei 5 Kinderrucksäcken wies das Kunststoffmaterial des Erzeugnisses eine übermäßige Konzentration von Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) auf (gemessene Werte von 12,3 bis zu 23,2,1 Gew.-%). Dieses Phthalat kann die Gesundheit von Kindern schädigen und mögliche Schäden an ihrem Fortpflanzungssystem verursachen.

Die Produkte verstießen alle gegen die REACH-Verordnung

Abb. 4: Kinderrucksack mit Phtalat DEHP
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012454, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Verletzungsgefahr durch Einklemmen

Bei einem Kletterbogen, den Kinder auch als Schaukelstuhl benutzen könnten, sahen die schwedischen Behörden die Gefahr des Einklemmens. Ein Kind könnte sich Quetschungen zuziehen, wenn es beim Sitzen in der Schaukelstuhl-Position mit den Fingern oder Zehen zwischen den Boden und den Läufer gerät. Das Produkt aus China entsprach nicht den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und muss vom Importeur von den Endverbrauchern zurückgerufen werden

Abb. 5: Kletterbogen und Schaukelstuhl mit Gefahr des Einklemmens
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012588, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

25 Verstöße gegen RoHS-Richtlinie

25 der beanstandeten Spielzeuge verstießen gegen die RoHS-Richtlnie und bargen ein Umweltrisiko. Bei einem von den polnischen Behörden gemeldeten Spielzeug-Boot enthielten die elektronischen Komponenten eine übermäßige Menge an Blei und Cadmium (gemessene Werte bis zu 51,72 % bzw. 0,07 Gew.-%). Blei und Cadmium stellen ein Risiko für die Umwelt dar. Das Produkt muss auf Anweisung der Behörden aus dem Handel zurückgenommen und zerstört werde. Zudem müssen die Verbraucher vor den Risiken gewarnt

Abb. 6: Spielzeug-Boot mit RoHS-Verstoß
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012647, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Musikinstrumente mit Erstickungs-, Strangulierungs- und Verletzungsgefahren

Auch bei Musikinstrumenten für Kinder bemängelten die Marktaufsichtsbehörden aus Frankreich und Polen sowohl Erstickungs- als auch Strangulierungs- und Verletzungsgefahren.

Die Spielzeuginstrumente eines Rassel-Sets hatten abnehmbare Kleinteile oder konnten leicht zerbrechen, wodurch weitere Kleinteile entstehen. Ein kleines Kind kann sie in den Mund legen und ersticken. Darüber hinaus hatte die Spielzeugtrommel eine lange Schnur, die um den Hals gelegt werden sollte. Diese Schnur kann während verschiedener Aktivitäten eines Kindes zu Strangulation führen

Abb. 7: Rassel-Set mit Erstickungs- und Strangulations-Gefahr
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012648, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Ein Tamburin aus Holz konnte leicht in kleine Teile zerbrechen. Auch hieran könnte ein Kind ersticken. Darüber hinaus konnte die Metallstange, die die Jingles hält, sich lösen und ein Kind verletzen.

Abb. 8: Tamburin aus Holz mit Erstickungs- und Verletzungs-Gefahr
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012648, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Während bei den Rasseln lediglich ein Verkaufsverbot und eine Rücknahme aus dem Markt ausgesprochen wurde, muss das Tamburin ebenfalls bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden

Prioritäten der Marktüberwachungsbehörden

Wir durch diese Beispiele ersichtlich, können gerade bei Spielzeugen zahlreiche konstruktive, produktionstechnische oder chemische Risiken auftreten, die den verschiedenen Anforderungen und Normen für Kinderprodukte nicht entsprechen. Gerade Spielzeuge stehen deshalb neben Elektroprodukten, Produkten aus dem Bereich Schutzausrüstung und Textilien auch im absoluten Fokus der Marktaufsichtsbehörden.

Was tun Sie, um die Gefahren Ihrer Produkte zu vermeiden und die rechtlichen Vorschriften einzuhalten?

Bieten Sie ebenfalls Spielzeuge an?

Wie sicher sind Sie, dass sämtliche elektrischen, mechanischen und chemischen Risiken Ihrer Produkte vollständig berücksichtigt sind?

Haben Sie für alle Ihre Produkte eine Risikoanalyse erstellt, die Sie Behörden auf Anfrage zur Verfügung stellen könnten?

Kennen alle Ihre Lieferanten  die Anforderungen aus der Spielzeugrichtlinie und der relevanten harmonisierten europäischen Normen ?

Haben Sie eine komplette technische Dokumentation für alle Ihre Produkte, wie sie die neue Produktsicherheitsverordnung fordert?

Verfügen Sie über aussagekräftige Tests und Dokumente von Ihren Lieferanten bezüglich der chemischen und elektrischen Bestandteile Ihrer Produkte?

Wie gut sind Sie auf einen Produktrückruf vorbereitet und haben Sie ein Produktrückruf-Management installiert?

Falls Sie hier Handlungsbedarf sehen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um potenzielle Risiken zu identifizieren und zusätzliche Kosten durch gefährliche Produkte zu vermeiden.

Wir unterstützen Sie beim Aufbau eines geeigneten Risikomanagements und begleiten Sie durch den Prozess der Konformitätsbewertung, einschließlich der Erstellung der technischen Dokumentation, Risikoanalyse und EU-Konformitätserklärung.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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