Update: 23.12.2020: Das Ziel der neuen Marktüberwachungsverordnung, die ab dem 16. Juli 2021 greift, ist der Schutz von Verbrauchern vor nicht konformen Produkten, wie z.B. Spielzeug, Haushaltsgeräten, Elektrogeräten und Maschinen, Möbeln, Kleidung und Textilien, Kosmetika und Pflegemitteln, Chemikalien und Putzmitteln, aber auch Medizinprodukten.
Die Produktüberwachung mit verschärfter Konformitätskontrolle wird durch die neue Verordnung vereinheitlicht und effizienter umgesetzt – und das auf internationaler Ebene. Denn die neue MÜ-VO ist eine europäische Verordnung und ermöglicht so einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt; Aufrichtige Wirtschaftsakteure aus allen EU-Staaten werden dadurch wettbewerbsfähiger.
Die Konsequenzen der neuen Verordnung sind vor allem für Online-Händler immens.
Das europäische Produktsicherheitsrecht ist nicht nur uneinheitlich, unübersichtlich und lückenhaft. Die bisherigen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher sind den Herausforderungen durch einen stetig wachsenden E-Commerce nicht gewachsen. In der Folge gelangten gerade in den letzten Jahren immer mehr illegale und nicht konforme Produkte auf den europäischen Markt, die für den Verbraucher teils erhebliche Risiken bergen. Die Europäische Kommission hat diese Brisanz erkannt und überraschend schnell reagiert. Selten wurde in Europa ein Rechtsakt dieser Größenordnung und Tragweite so zügig verabschiedet. Doch welche Brisanz in den neuen Regelungen steckt, ist vielen Marktakteuren noch kaum bewusst.
Die wichtigsten Aspekte der Marktüberwachungsverordnung für den Verkauf von Produkten in Europa in Kurzform:
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Dass Globalisierung und Digitalisierung das Marktgeschehen massiv verändern, ist keine neue Erkenntnis. Doch immer deutlicher wird, dass diese Umwälzungen nicht nur ökonomische Aspekte haben. Die zunehmende „Amazonisierung des Konsums“, so der Titel einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH, bringt einerseits Verschiebungen zulasten von Ladengeschäften und Warenhäusern mit sich, stellt aber andererseits auch eine große Herausforderung für den Verbraucherschutz dar. Dank Online-Zugang von fast jedem Ort auf der Welt hat heute jeder Endverbraucher rund um die Uhr Zugang zu Produkten aus aller Welt. Doch neben den Ladenöffnungszeiten fällt auch die Möglichkeit weg, ein Produkt in die Hand zu nehmen und vor einem Kauf kritisch zu prüfen. Damit landen per Mausklick oder einem Smartphone-Wischer Produkte in Europa, die nicht den hier geltenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Oft wissen Verbraucher gar nicht, wo die bestellten Produkte ursprünglich herkommen, wie wir im Laufe des Textes noch erläutern.
Verschärft wird diese Situation durch aktuelle Verschiebungen im E-Commerce selbst. So wächst z. B. der Amazon Marketplace in den letzten Jahren deutlich schneller als der Eigenhandel von Amazon (IFH Köln 2019 „Amazonisierung des Handels“). Waren es in den letzten Jahren überwiegend Lieferanten aus den EU-Staaten, bindet der Online-Gigant inzwischen immer mehr Händler aus China ein. So schätzt Gero Furchheim, Präsident des Verbandes für E-Commerce und Versandhandel (BEVH), dass im Jahre 2018 Elektrogeräte im Wert von mehr als einer Milliarde Euro direkt aus China an private Haushalte in Deutschland geliefert wurden. Dies stellt fast 10 % aller Warenlieferungen in diesem Produktsegment dar. Bei über 70 Millionen Lieferungen im Jahr sind das fast 200.000 Lieferungen pro Tag.
Wer selbst schon einmal Produkte auf den verschiedenen Marktplätzen bestellt hat, dem fällt auf, dass der nicht in der EU beheimatete Lieferant nicht immer direkt erkennbar ist. Zudem sind die Produkte oftmals falsch gekennzeichnet (kein CE-Zeichen, nicht zulässige RoHS-Symbole) und sehr oft liegt außer einer chinesischen maximal eine englischsprachige Bedienungsanleitung bei. Die Wahrscheinlichkeit dürfte daher sehr hoch sein, dass die entsprechenden Produkte zumindest nicht alle in Europa geltenden Vorschriften erfüllen.
Für die normalen Verbraucher, die sich mit verschiedenen Compliance-Prüfungen nicht oder wenig auskennen, sind diese zumeist sicherheitsrelevanten Anforderungen oft schwer zu erkennen. Somit bestellen und nutzen viele Verbraucher diese Produkte, ohne zu wissen, welche Gefahren für Gesundheit und Sicherheit diese bergen können.
Neben diesen Entwicklungen sind neue Geschäftsmodelle und Vertriebswege aufgetaucht, die für die Marktüberwachungsbehörden eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellen.
Im sogenannten FBA Business („Fulfillment by Amazon“) kann nahezu jeder zum Händler von Produkten werden. Man benötigt weder ein Lager noch Logistikkapazitäten, um sich bei Amazon als Verkäufer anzumelden und einen virtuellen Shop zu eröffnen. Der Amazon-Händler kann seine Produkte direkt von seinem Hersteller an das Amazon-Lager liefern und von dort versenden lassen, ohne die Produkte jemals selbst gesehen oder geprüft zu haben. Eine weitere Variante, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut, ist das sogenannte Dropshipping. Auf unzähligen Blogs, Webseiten und in YouTube-Videos wird dieser „Streckenhandel“ als Geschäftsmodell beworben, bei dem mit minimalem Kapitaleinsatz viel Geld zu verdienen sei.
Der Dropshipping-Dienstleister übernimmt in der Regel für den Onlineshop-Betreiber die Warenbeschaffung (und -prüfung?), die Lagerhaltung und den Versand der Ware. Auf den ersten Blick besticht die Argumentation: Spare Dir Aufwand und Kosten für Lagerhaltung, Inventarisierung, Verpackung und Auslieferung inklusive des Personals dafür und Du kannst nebenbei – oder per Laptop vom Strand in Thailand – Dein Business betreiben. Das Konzept erscheint risikolos, da der Dropshipper seinem Lieferanten die Ware erst bezahlt, nachdem er seinerseits von seinem Kunden das Geld erhalten hat.
Es ist naheliegend, dass derlei „Get quick rich“-Konzepte auch Marktakteure anziehen, deren erstes Bestreben nicht gerade der Produktsicherheit gilt und die ihre Waren dort ordern, wo sie am billigsten angeboten werden. Noch nie war es so einfach, Produkte aus Fernost in Europa zu vertreiben, da es zahlreiche in- und ausländische Unternehmen gibt, die diese Dropshipping-Services anbieten. Was in diesem Geschäftskonzept zählt, sind vor allem kurzfristige Margen und positive Bewertungen. Die Möglichkeiten dieser neuen Geschäftsmodelle, per Fake-Tests oder „gekauften“ Bewertungen gezielt schnelle Umsätze zu generieren, sind eine stete Versuchung, die auch viele Menschen anlockt, die bisher wenig bis keine Erfahrung mit dem Import und der Qualitätssicherung von Produkten hatten.
Man muss einem Dropshipper nicht einmal kriminelle Energie unterstellen. Hört man sich in den Foren dieser Szene um, erschrickt man allein schon ob der Naivität der Akteure und der teils völligen Unkenntnis der vielfältigen Vorgaben des Produktsicherheitsrechts. Fragen wie „Was muss ich eigentlich bei der Einfuhr von Spielzeugen beachten?“, „Weiß jemand, welche Vorschriften ich bei elektrischen Zahnbürsten einhalten muss?“ oder „Weiß jemand, was REACH bedeutet?“ sind keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Es ist offensichtlich, dass produktspezifische Anforderungen, gesetzliche Vorschriften zur Produktsicherheit oder zum Umweltschutz sowie Normen bei vielen unerfahrenen Akteuren kaum bekannt sind und diese daher Ihre Lieferanten zu diesen Themen auch gar nicht befragen. Selbst die Online-Seiten und Anleitungen zu Dropshipping strotzen in diesem Bereich vor gefährlichem Halbwissen. „Der Import deprofessionalisiert sich“, die Zahl kleinerer Importeure wächst und schwarze Schafe nutzen Rechtslücken gezielt aus, so war es auch auf der Deutschen Marktüberwachungskonferenz im September 2019 zu hören.
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Dropshipping & Co als kuriose Randerscheinung neuer Marktmechanismen abzutun, wäre eine Verharmlosung. Denn der erzielte Umsatz geht zulasten anderer Marktakteure und vor allem auch des Verbraucher- und des Umweltschutzes. Marktkenner warnen, dass in den nächsten Monaten und Jahren ein großer Teil der (seriösen) Online-Händler als auch der etablierten Amazon-Händler verschwinden könnten.
Nicht nur für den bestellenden Kunden verschwimmen in dieser Plattformökonomie die Grenzen zwischen Weiter- und Wiederverkäufer, Einzel-, Zwischen- und Großhandel. Auch für die überwachenden Behörden und den Zoll werden die Vertriebswege intransparenter und schwerer zu verfolgen. Da die Ressourcen der Marktüberwachungsbehörden begrenzt sind und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene als noch wenig effizient gilt, können die neuen Online-Marktplätze derzeit vielfach als nahezu rechtsfreie Räume agieren.
Genau hier setzt die EU mit der Marktüberwachungsverordnung an. Die verschärften Regelungen sollen zum einen den Verbraucher vor nicht konformen Produkten schützen und zum anderen die seriösen Online-Händler vor unlauteren Wettbewerbern. Insbesondere die Akteure im E-Commerce inklusive der Plattformbetreiber und IT-Dienstleister werden in bislang unbekannter Schärfe in die Pflicht genommen.
Das Europäische Parlament hat im April 2019 die neue Verordnung zur Marktüberwachung und Konformität von Produkten (2019/1020) verabschiedet, am 25. Juni wurde sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Wahl der Rechtsform „Verordnung“ lässt den Mitgliedsstaaten – im Gegensatz zu EU-Richtlinien – kaum Spielraum bei der Art und Weise der Umsetzung. Der neue Rechtsrahmen umfasst nahezu den gesamten harmonisierten „non food“-Bereich.
Für Sie zusammengefasst haben wir die 10 wichtigsten Punkte der Marktüberwachungsverordnung, die ab dem 16. Juli Juni 2021 unmittelbar für den gesamten EU-Raum gelten:
Die zeitweise andiskutierte Idee, die beiden Meldesysteme RAPEX und ICSMS zusammenzuführen, wurde verworfen. Beide Systeme sollen beibehalten und weiterentwickelt werden.
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Schon die Zollbehörden haben die Möglichkeit, Produkte an den Grenzen zu stoppen und mit Importverboten zu belegen, wenn diese allein aus formalen Gründen gegen bestimmte Anforderungen verstoßen. Hierzu zählen fehlende CE-Kennzeichnungen, falsche CE-Kennzeichnungen, Fehler bei der Verpackungsgestaltung (fehlende Warnhinweise, falsche Piktogramme, …), fehlende Bedienungsanleitungen in der jeweiligen Landessprache, fehlende Konformitätserklärung.
Die Marktüberwachungsbehörden haben zudem das Recht, Verkaufsverbote oder Produktrückrufe auszusprechen, um Verbraucher nicht in Gefahr zu bringen. Bei kleineren Mängeln (formale Mängel oder zu korrigierende Fehler) hat der Importeur bzw. Inverkehrbringer evtl. die Möglichkeit, die Produkte nachzurüsten und sicherer zu machen. Ist dies nicht möglich, da z.B. giftige Stoffe in dem Produkt enthalten sind oder konstruktive oder produktionsbedingte Mängel nicht abgestellt werden können, dann kann die Marktüberwachungsbehörde entscheiden, dass die Produkte zurückgerufen werden müssen. Dies geht meist einher mit einer verpflichtenden Warnung der Öffentlichkeit über Seiten wie produktwarnung.eu oder produktrueckrufe.de, auffälligen (und teuren) Zeitungsanzeigen sowie dem Anbringen von Warnhinweisen in Geschäften.
Zudem werden diese gefährlichen Produkte wöchentlich im Safety Gate der EU (früher Rapex-Report) eingestellt, was dazu führt, dass alle Mitgliedsstaaten über die Gefährlichkeit der Produkte informiert werden. Oft müssen die Produkte auf eigene Kosten vom Inverkehrbringer zusätzlich vernichtet werden. Die durch Verkaufsverbote, Produktrückrufe und Vernichtung der Produkte entstehenden Kosten, finanziellen Einbußen und der Ressourcenaufwand sind enorm. Durch die neue Marktüberwachungsverordnung sollen die Prozesse der Marktüberwachungsbehörden in und zwischen den Mitgliedsländern besser koordiniert und der Austausch mit den Zollbehörden intensiviert werden.
An den konkreten produktbezogenen Vorgaben, etwa zur Technischen Dokumentation, Kennzeichnung oder Konformitätserklärung, ändert sich durch die neue Verordnung nichts. Doch der Kreis der dafür (mit)verantwortlichen Akteure wird deutlich ausgeweitet. So müssen nun z. B. auch die Fulfillment-Dienstleister das Vorhandensein einer Konformitätserklärung überprüfen und diese bereithalten. Die Absicht der EU, beim Online-Handel künftig die für die Verbraucher „Guten“ besser zu schützen, indem die „Schlechten“ schneller aussortiert werden, ist deutlich erkennbar. Konsequent umgesetzt kann die neue Verordnung dazu beitragen, Wettbewerbsverzerrungen abzubauen, illegale Einführen zu unterbinden und durch eine gestärkte und EU-weit einheitliche Marktüberwachung gefährliche und nicht-konforme Produkte frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen.
Das selbst gesteckte Ziel ist hoch. Die EU will „ein einziges kohärentes Regelwerk für die Marktüberwachung“ schaffen, durch das „die nationalen Marktaufsichtsbehörden wirksamere Mittel an die Hand bekommen, um Sicherheitsanforderungen durchzusetzen und gegen gefährliche, nicht vorschriftsgemäße Produkte vorzugehen.“ Verantwortungsbewusste Hersteller sollen „nicht unter dem unlauteren Wettbewerb durch Produkte zu leiden haben, die den europäischen Sicherheits- oder Umweltvorschriften nicht entsprechen“, erklärte es die Europäische Kommission bereits in einer Pressemeldung im Jahr 2014.
Dass Behörden besser kommunizieren, kooperieren und gemeinsam Ressourcen nutzen (z.B. einheitliche Datenbanken und Schnittstellen zum Informationsaustausch) ist ein richtiger, wenn auch selbstverständlicher Ansatz. Umso mehr, wenn es um Fragen der Sicherheit und Gesundheit von uns allen als EU-Bürger und Verbraucher geht. Die Marktakteure werden stärker in die Pflicht genommen, auch diejenigen, die niemals als Eigentümer eines Produktes auftreten, sich aber am Handel beteiligen. Auch dies ist eine logische Reaktion auf die jüngsten Umwälzungen durch den E-Commerce mit seinen Spielarten.
Spannend dürfte allerdings werden, wie die hohen Ziele konkret umgesetzt werden. Die einzelnen Mitgliedsstaaten sind durch die Verordnung aufgerufen, in ihrem nationalen Recht Sanktionen festlegen. Diese sollen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein, eine eher vage Formulierung, die andererseits den durchführenden EU-Staaten viel Spielraum lässt. Mit welchen konkreten Sanktionen die Behörden ab 2021 gegen kriminelle oder gewissenlose Wirtschaftsakteure vorgehen werden, ist aktuell noch nicht abzuschätzen.
Aber ob öffentliche Produktwarnung oder Rückruf, Geldstrafe oder Schließen eines Online-Shops: eine effizientere und gestärkte Marktüberwachung mit einer höheren Entdeckungswahrscheinlichkeit für nicht konforme Produkte könnte sich für manchen Marktakteur fatal auswirken.
Da sich die Schlagkraft der Marktüberwachung erhöhen soll, ist auch damit zu rechnen, dass die Länder ihre Prüf- und Laborkapazitäten erhöhen. Inwiefern das Kontrollnetz engmaschiger wird, dürfte auch davon abhängen, wie die Aufsichtsbehörden mit Personal ausgestattet werden. So fordert Gero Furchheim u.a. mehr als 1.000 neue Zöllner, um der Warenflut einen entsprechenden Kontrolldruck entgegen zu setzen und die „massenhaft mangelhaften Elektrogeräte“ in Deutschland zu verringern.
Die Marktüberwachungsbehörden erhalten durch die neue Verordnung aber auch weitreichendere Kompetenzen. Sie dürfen mehr Informationen zu Lieferketten anfragen und Einblick in die dafür genutzte Software erhalten, sowie Lagerhallen u.ä. betreten, um dort Beweise zu sichern. Diese Inspektionen dürfen unangekündigt durchgeführt werden. Um die Spontanität bei den Prüfungen zu erhöhen, dürfen die Behörden nun auch unter falschem Namen Produkte ordern und diese in Laboren „auseinandernehmen“.
Als eine besondere Herausforderung der Überwachungsorgane könnte sich die Flexibilität im Online-Handel erweisen. Denn ein moniertes oder zurückgezogenes Produkt kann binnen Tagen oder Stunden unter anderer Bezeichnung erneut auf der gleichen oder einer anderen Plattform auftauchen. Im Unterschied zu einem Supermarkt oder Ladengeschäft ist die Verkaufsinfrastruktur online nahezu beliebig multiplizierbar und austauschbar.
Dass die neuen Befugnisse für die Marktüberwachungsbehörden in einigen Ländern bereits vorbereitet und umgesetzt werden, wurde auf der Deutschen Marktüberwachungskonferenz im November 2020 deutlich, die erstmals digital durchgeführt wurde und aufgrund der deutschen Ratspräsidentschaft sehr international ausgerichtet war. Vertreter der französischen und dänischen Behörden berichteten in Ihren Vorträgen von verschiedenen Ansätzen einer „operator based market surveillance“. Bei diesem unternehmens- bzw. verursacherbezogenen Ansatz gehen die Marktaufsichtsbehörden nicht mehr produktbezogen vor, sondern fordern die Unternehmen auf, Ihre Prozesse darzulegen, wie sichere und rechtskonforme Produkte kreiert und produziert werden.
Die Behörden untersuchen also nicht mehr einzelne Produkte und analysieren diese, sondern untersuchen die Prozesse und Maßnahmen, die Unternehmen durchführen, um sicherer Produkte auf den Markt zu bringen. In Frankreich führen Beanstandungen an nicht ausreichenden Prozessen bereits zu verpflichtenden Maßnahmen für die Unternehmen (corrective actions) und bei wiederholten Verstößen zu drastischen Strafen. Gerade im Anschluss an diese beiden Vorträge wurde auch der zukünftige Austausch zwischen den unterschiedlichen Mitgliedsländern intensiv diskutiert. Vertreter mehrerer Mitgliedsstaaten (u.a. auch aus Deutschland) betonten, dass auch sie operator-basierte Konzepte prüfen und sich mit den anderen Mitgliedsstaaten intensiv über die gemachten Erfahrungen austauschen wollen.
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Bereits heute ist absehbar, dass alle Marktakteure im E-Commerce reagieren müssen und werden. Die Big Four im Online-Handel (Amazon, eBay, Rakuten, Alibaba) haben die Brisanz längst erkannt und bereits im Juni 2018 eine Selbstverpflichtung für mehr Produktsicherheit unterzeichnet. Damit verpflichten sich die Unternehmen,
Aus unserer Beratungspraxis wissen wir zudem, dass insbesondere die großen Marktplätze Ihre neue Verantwortung und Verpflichtung sehr ernst nehmen und Schritte unternehmen, der Sicherheit und Konformität von Produkten ein deutlich höheres Gewicht beizumessen. So ist es bereits heute deutlich schwieriger, gesperrte „gefährliche Produkte“ auch nach Korrekturmaßnahmen wieder in den Vermarktungskreislauf zu bekommen.
rechtssicher betreiben will, ob als Marktplatzbetreiber, Dropshipper, Shopbetreiber oder als zuarbeitender IT-Dienstleister, muss sich mit den Folgen der Marktüberwachungsverordnung auseinandersetzen, um Haftungsfallen vorzubeugen. Befürchtungen, dass z. B. eine Online-Plattform künftig deutlich höhere Anforderungen an den Nachweis der Produktkonformität stellt oder Regressansprüche gegenüber einem teilnehmenden Händler (oder Ex-Händler) geltend macht, sind alles andere als unbegründet.
Gehen Sie nicht davon aus, dass die neue Verordnung sich als zahnloser Papiertiger herausstellt. Sie könnte eher zum feuerspeienden Drachen werden, der für eine deutliche Marktbereinigung sorgt. Dem Verbraucher und dem seriösen Online-Handel wäre dies zu wünschen.
Sollten Sie Fragen zur neuen Marktüberwachungsverordnung, zur Produktsicherheit, zur Produktkonformität, zur CE-Kennzeichnung oder weiteren rechtlichen Anforderungen für Nonfood-Konsumgüter haben, sprechen Sie uns gerne an.