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Rapex-Report am Donnerstag: Über 280 gefährliche Produkte im Juli – Kosmetika, Spielzeuge und Lichterketten im Fokus der Behörden

Im Juli wurden wieder über 280 gefährliche Produkte in das Safety Gate der Europäischen Union eingestellt. Über das auch unter dem Namen RAPEX-System bekannte Informationsportal informieren sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten gegenseitig über gefährliche Produkte. Wenn Produkte in einem Mitgliedsland als gefährlich eingestuft und gemeldet werden, können die Behörden der übrigen Mitgliedländer ebenfalls entsprechende Maßnahmen ergreifen oder die Produkte schon an der Grenze abweisen.

Fast jedes zweite beanstandete Produkt entfiel im Juli auf die Produktgruppe der Kosmetika (47,3 %), gefolgt von Spielzeugen (12,4 %) und Kraftfahrzeugen (11,3 %). Zudem wurden über 20 Maschinen und Lichterketten von den Behörden mit Verkaufsverboten oder Produktrückrufen belegt.

Produkte aus China und Italien mit Höchstwerten

Mit einem Anteil von 35 % kam mehr als jedes dritte gefährliche Produkt aus China. Alle beanstandeten Spielzeuge und Lichterketten kamen aus der Volksrepublik. Aufgrund der sehr hohen Kosmetikanteile lag Italien mit 14,8 % bei den Herkunftsländern erneut auf Platz 2. Die anderen Produkte verteilten sich recht gleichmäßig auf 19 andere Herkunftsländer.

Fast jedes zweite Produkt (44,9 %) muss von den verantwortlichen Herstellern, Importeuren oder Distributoren zurückgerufen werden. Ein Wert, der vergleichbar ist mit dem des Vormonats und der zeigt, welch große finanzielle Konsequenzen mangelnde Produktsicherheit und Produktkonformität auslösen kann. Online verkauft wurden im Juli nur 13 % der beanstandeten Produkte

Aufgrund der Konzentration auf Kosmetika wurden die meisten Produkte auch im Juli wieder von den italienischen Marktaufsichtsbehörden gemeldet, gefolgt von Ungarn und Deutschland.

Konsequenzen nicht konformer Produkte

Produkte, die nicht den EU-Vorschriften entsprechen, können für Unternehmen katastrophale Konsequenzen haben. Eine Studie der Allianz zeigt, dass die Kosten für Rückrufe von Elektrogeräten oder Spielzeugen zwischen 650.000 € und 1.000.000 € liegen können.

Selbst bei mittelgroßen Lieferungen können Importverbote Ausgaben von 50.000 € bis 100.000 € verursachen, ergänzt durch Strafzahlungen an Kunden. Neben den enormen finanziellen Belastungen, die damit einhergehen, besteht die Gefahr, dass der Ruf von Herstellern, Importeuren oder Händlern langfristig schwer beschädigt wird.

Schäden durch Produkt Compliance Management vermeiden

Durch die Implementierung wirksamer Compliance-Strategien können Unternehmen die Wahrscheinlichkeit von Produkt- oder Kennzeichnungsfehlern erheblich verringern und potenzielle Risiken frühzeitig erkennen. Eine umfassende Dokumentation ermöglicht nicht nur den Nachweis der Konformität, sondern auch eine schnelle und effiziente Reaktion im Falle von Rückrufen oder Importverzögerungen.

Regelmäßige Stichprobenkontrollen gewährleisten, dass Produkte kontinuierlich auf ihre Übereinstimmung mit den geltenden Standards überprüft werden. Wir raten unseren Kunden eindringlich, aktiv in ihre Compliance-Strategien zu investieren. Nur so können sie sich vor den gravierenden Folgen schützen, die durch nicht konforme Produkte entstehen können.

Über 130 gefährliche Kosmetika

Auch im Juli führen die Kosmetika mit 134 Meldungen die Liste der gefährlichen Produkte an. 132 der beanstandeten Produkte (98,5%) enthielten lt. den jeweiligen Zutatenlisten das Produkt 2-(4-tert-butylbenzyl) Propionaldehyd (BMHCA), was in kosmetischen Mitteln verboten ist. BMHCA kann das Fortpflanzungssystem schädigen, die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen und die Haut sensibilisieren.

Führend bei den Untersuchungen waren wie schon in den Vormonaten die italienischen und ungarischen Marktaufsichtsbehörden, die fast 90 % der gefährlichen Produkte meldeten. 39 der gefährlichen Kosmetika stammten aus Italien selbst, weitere 35 kamen aus Polen und dem Vereinigten Königreich.

Besonders betroffen von Verkaufsverboten und Rückrufen war die Marke Dove mit insgesamt 17 Produkten. 14 Produkte wurden mit einem Verkaufsverbot belegt, 3 müssen von den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Abb. 1: Kosmetikserie der Marke Dove mit Produktrückruf
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013781?lang=de, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

35 gefährliche Spielzeuge

Auch im Juli wurden wieder 35 gefährliche Spielzeuge in das Safety Gate eingestellt, vor allem von französischen, deutschen, polnischen und tschechischen Marktaufsichtsbehörden. Alle beanstandeten Produkte stammten aus China, 20 % wurden online verkauft.

Die Hauptrisikokategorien waren Chemikalien und Umwelt mit 51,4 %, Ersticken incl. weiterer Risiken mit 34,3 % und Verbrennungen incl. Feuer mit 11,4 %

Finger Painting Kit für Kinder von Wish

Das Lackierset eines Finger Painting Kits für Kinder, das vor allem über Wish verkauft wurde, bestand aus kleinen Teilen (den Schaumstoffteilen der Tinten), die sich leicht lösen lassen. Kleine Kinder könnten sie in den Mund nehmen und ersticken. 

Darüber hinaus wies das Produkt eine übermäßige Konzentration einer Mischung aus den Konservierungsstoffen Methylchloroisothiazolinon und Methylisothiazolinon (MCI/MI) auf (gemessene Werte: 0,00008 % und 0,00011 %). MCI und MI verursachen schwere Hautverbrennungen. Zudem war die Plastiktüte der Verpackung zu dünn. Wenn ein Kind damit spielt, kann der Kunststoff Mund und Nase bedecken und das Kind ersticken lassen.

Das Produkt barg also sowohl chemische Risiken als auch das Risiko des Erstickens und entsprach weder den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie noch den europäischen Normen EN 71-1 und EN 71-7. Wish muß auf Anweisung der französischen Behörden die Listung des Produktes beenden

Abb. 2: Fingerpainting-Kit von Wish
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013738, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Spielzeugtelefon mit zu hohem Schalldruckpegel

Bei einem batteriebetriebenes Spielzeugtelefon aus hartem, mehrfarbigem Kunststoff entdeckten die polnischen Marktaufsichtsbehörden, dass der erzeugte Schalldruckpegel zu hoch war (Messwert bis zu 77,9 dB). Dies kann zu einem dauerhaften oder teilweisen Hörverlust führen.

Das Produkt entsprach weder den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie noch der europäischen Norm EN 71-1 und muss vom Markt genommen werden. Zudem müssen Verbraucher vor den Gefahren gewarnt werden.

Abb. 3: Spielzeugtelefon mit zu hohem Schalldruckpegel
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013672, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Pippi Langstrumpf-Kostüm leicht entflammbar

Die finnischen Marktaufsichtsbehörden stellten bei einem Pippi Langstrumpf-Kostüm fest, dass die Perücke des Kostüms leicht entflammbar war. Ein Kind / Benutzer riskiert Verbrennungen am Kopf, wenn es Feuer fängt. Das Produkt verstieß gegen die Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und die europäische Norm EN 71-2.

Das Produkt muss vom Distributor zurückgenommen und zerstört werden

Abb. 4: Leicht entflammbares Pippi Langstrumpf-Kostüm 
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013963, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Glitzernder Schleim mit hohen Bor-Anteilen

Die deutschen Behörden untersuchten verschiedene Spielzeugschleimprodukte und fanden bei 6 Produkten, dass die Migration von Bor zu hoch war. Die Messwerte lagen zwischen 610 bis 1.710 mg/kg. Die Einnahme oder der Kontakt mit einer übermäßigen Menge Bor kann die Gesundheit von Kindern schädigen, indem sie ihr Fortpflanzungssystem schädigen.

Die Produkte waren nicht im Einklang mit den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und der europäischen Norm EN 71-3. Sie wurden alle an der Grenze abgelehnt

Abb. 5: Glitzernder Schleim mit hohen Bor-Anteilen 
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013857?lang=de, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Verstöße gegen die RoHS-Richtlinie

Im Juli tauchten auch verschiedene elektronische Spielzeuge im Safety Gate auf, die gegen die RoHS-Richtlinie verstießen. Bei einem batteriebetrieben Lernspielzeug in Form eines Fisches wiesen die elektronischen Komponenten eine übermäßige Bleikonzentration auf (gemessener Wert bis zu 84,5 Gew.-%). Blei stellt ein Risiko für die Umwelt dar.  

Drei Produkte enthielten neben Blei auch Cadmium in zu hohen Konzentrationen (0,14 Gew.-%). Alle Produkte entsprachen nicht den Anforderungen der Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS-2-Richtlinie). 

40% der beanstandeten Produkte müssen von den verantwortlichen Herstellern, Importeuren oder Distributoren von den Endkunden mit hohem zeitlichem und finanziellem Aufwand zurückgerufen werden.

Abb. 6: Lernspielzeug mit unzulässigen Bleiwerten 
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013860, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Brandgefahr und elektrischer Schlag durch Lichterketten 

Bei 6 Lichterketten entdeckten die tschechischen Behörden, dass die Stromleitung nicht sicher an der elektronischen Einheit verankert und ausreichend gegen Herausziehen gesichert war. Die mechanische Festigkeit der elektronischen Einheit war zudem nicht ausreichend und ihre Abdeckung konnte ohne den Einsatz von Werkzeugen leicht entfernt werden.

Hierdurch wurden stromführende Teile freigelegt und ein Benutzer könnte einen elektrischen Schlag erhalten. Bei einem anderen Produkt war das Kabel zu dünn, was dazu führen konnte, dass die Lichterkette überhitzt und Verbrennungen und / oder Feuer verursacht. Ein weiteres Produkt wurde für den Außenbereich empfohlen, war aber nicht vor Feuchtigkeit geschützt. Wasser konnte in das Produkt eindringen, was ebenfalls zu einem elektrischen Schlag führen kann.

Keines der Produkte war konform mit den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie. 7 Produkte wurden mit Verkaufsverboten belegt oder an der Grenze abgelehnt, eines muss von den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Abb. 7: Gefährliche Lichterkette 
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013839, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Laserschneidmaschine mit großen Verletzungsgefahren

Etwas ungewöhnlich taucht im Juli eine Laserschneidmaschine im Safety Gate der Europäischen Union auf. Der Maschine fehlten eine Lüfterschutzabdeckung, eine Schutzvorrichtung des Laserkopfes und ein Schutzabdeckungs-Sicherheitsschalter. Ein Benutzer könnte sich bei der Bedienung der Maschine schwer verletzen. 

Darüber hinaus fehlte der Maschine der Schutz vor Laserstrahlung, der zu einer Beschädigung des Sehvermögens für den Bediener führen kann. Zudem war die Schalttafel des Produkts nicht ordnungsgemäß isoliert, die Steckdosen waren nicht mit einem Überspannungsschutz geschützt und der Schutzleiter war nicht mit der Masseklemme verbunden. Ein Benutzer könnte einen elektrischen Schlag von zugänglichen stromführenden Teilen erhalten.

Die Maschine aus China barg somit die Risiken von Schnittwunden, Sehschäden und einem elektrischen Schlag und war weder im Einklang mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie noch den europäischen Normen EN ISO 12100, 60204-1, 4414, 11553, 13849, 14120, 13850, EN 61439-1, 61310, 60825.

Der Importeur muss diese Maschine aus dem Markt nehmen, was voraussichtlich bedeutet, dass er diese mit einem großen Zeit- und Kostenaufwand wieder abbauen muss. Inwieweit er gegenüber dem Hersteller aus China Ansprüche anmelden kann, wird von den Lieferverträgen abhängen, die er mit diesem abgeschlossen hat.

Abb. 8: Laserschneidmaschine mit großen Verletzungsgefahren
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013665, Datum: 5.08.2024, Sprache: Deutsch

Was tun Sie, um die Gefahren Ihrer Produkte zu vermeiden und die rechtlichen Vorschriften einzuhalten?

Vertreiben Sie Spielzeuge, Lichterketten oder Maschinen?

Wie sicher sind Sie, dass sämtliche Risiken Ihrer Produkte vollständig berücksichtigt sind?

Wie stellen Sie sicher, dass Sie die aktuellen Normen kennen und einhalten?

Haben Sie für alle Ihre Produkte eine Risikoanalyse erstellt, die Sie Behörden auf Anfrage zur Verfügung stellen könnten?

Kennen alle Ihre Lieferanten die Anforderungen aus der REACH- oder der CLP-Verordnung und der relevanten harmonisierten europäischen Normen?

Haben Sie eine komplette technische Dokumentation für alle Ihre Produkte, wie sie die neue Produktsicherheitsverordnung fordert?

Verfügen Sie über aussagekräftige Tests und Dokumente von Ihren Lieferanten bezüglich der chemischen und elektrischen Bestandteile Ihrer Produkte?

Wie gut sind Sie auf einen Produktrückruf vorbereitet und haben Sie ein Produktrückruf-Management installiert?

Falls Sie hier Handlungsbedarf sehen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um potenzielle Risiken zu identifizieren und zusätzliche Kosten durch gefährliche Produkte zu vermeiden. 

Wir unterstützen Sie beim Aufbau eines geeigneten Risikomanagements und begleiten Sie durch den Prozess der Konformitätsbewertung, einschließlich der Erstellung der technischen Dokumentation, Risikoanalyse und EU-Konformitätserklärung.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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