• English
  • Deutsch

Rapex-Report am Donnerstag: Im Fokus der Marktaufsichtsbehörden: REACH- und RoHS-Kontrollen bei Sportartikeln und Elektroprodukten

Im ersten Monat des neuen Jahres wurden insgesamt fast 300 gefährliche Produkte in das Safety Gate der europäischen Union eingestellt. Der größte Anteil fiel im Januar mit 25,5 % auf Elektrogeräte und -zubehör incl. Kommunikations- und Multimediageräte sowie Beleuchtung. Ebenfalls stark betroffen waren Spielzeuge (17,7%), Kraftfahrzeuge (13,3%) und Bekleidung incl. Babyartikel und Bedarf für Kinder (9,1%). Relativ viele Produkte stammten im Januar aus den Bereichen Sport- und Freizeitartikel und sonstige Sportartikel (4,1 %).

159 Produkte (55,4 %) der beanstandeten Produkte stammten aus China, 94 Produkte (32,8%) wurden online verkauft. Nahezu jedes dritte Produkt (32,4%) muss von den verantwortlichen Herstellern, Importeuren oder Distributoren von den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Im auch als RAPEX-System bekannten Safety Gate informieren sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer gegenseitig über gefährliche Produkte. Die anderen Mitgliedsstaaten können so länderspezifisch erforderlichen Maßnahmen ergreifen und gegebenenfalls zusätzliche Überprüfungen oder Ermittlungen veranlassen.

Konsequenzen nicht konformer Produkte

Die von den Behörden ergriffenen Maßnahmen stellen nicht nur erhebliche finanzielle Belastungen für betroffene Unternehmen dar, sondern können auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen verursachen. Laut einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € verursachen. Importverbote können bereits bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche schlagen, zusätzlich zu Strafzahlungen an Kunden und dem Verlust des Unternehmensimages.

Daher raten wir unseren Kunden dringend dazu, dem Compliance Management, stichprobenartigen Tests und vor allem einer umfassenden und zuverlässigen Dokumentation eine höhere Bedeutung beizumessen, um erhebliche finanzielle Schäden zu verhindern.

63 % der gemeldeten Elektroartikel aus China

Von den 73 gemeldeten Elektroprodukten, Kommunikations- und Multimedia-Geräten und Beleuchtungsprodukten stammten 63 % aus der Volksrepublik China, 42,5 % wurden online verkauft. Mehr als zwei Drittel der gefährlichen Produkte wurden von den Marktaufsichtsbehörden aus Schweden gemeldet.

Elektrische Risiken wie elektrischer Schlag, Feuer, Verbrennungen oder Kombinationen davon waren für 27,4 % der Elektroprodukte der Grund, dass diese vom Markt genommen werden oder sogar von den Verbrauchern zurückgerufen werden müssen. 

Umwelt-Verstösse bei über 70 % der gemeldeten Elektroprodukte

Der weitaus größere Anteil, nämlich 53 Produkte, wiesen chemikalische und/oder umweltbezogene Risiken auf.  Allein 52 der Produkte verstießen gegen die RoHS-Richtlinie, 9 davon darüber hinaus gegen die POP-Verordnung. Zu den Produkten, die nicht im Einklang mit der RoHS-Richtlinie waren, zählten Ladekabel, elektrische Zahnbürsten für Kinder, Haustiernagelschleifer, Infrarotthermometer, EarPods, Küchentimer, Luftbefeuchter, LED-Lampen, Haarentfernungsgeräte, Smart Watches für Kinder oder Gaming Headsets.

Nachttischlampen für Kinder nicht RoHS-konform

Zwei Nachttischlampen für Kinder wurden von den schwedischen Behörden an der Grenze abgelehnt, da die Lötmittel im Produkt eine übermäßige Bleikonzentration aufwiesen (gemessene Werte bis zu 50 Gew.-%). Blei stellt ein Risiko für die Umwelt dar, weshalb die Produkte nicht die Anforderungen der Richtlinie über die Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS-2-Richtlinie) einhielten.

Abb. 1: Nachttischlampe für Kinder nicht RoHs-konform
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011652?lang=de, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Akuschrauber und Taschenlampe mit gefährlichen Stromschlägen

Ein Akkuschrauber aus China, der online über Amazon vertrieben wurde, muss von dem verantwortlichen Distributor bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden. Den irischen Behörden war aufgefallen, dass aufgrund eines Herstellungsfehlers die Rückseite des Adapters abfallen kann, was stromführende Teile freisetzen und zu Stromschlägen oder Verbrennungen führen kann

Abb. 2: Akkuschrauber mit Stromschlaggefahr
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011423?lang=de , Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Auch das Netzteil kann ein Problem sein

Bei der ebenfalls aus China stammenden wiederaufladbaren Taschenlampe war die Isolierung des Netzteils nicht ausreichend und der Kriechabstand zwischen den primären und zugänglichen Sekundärkreisen ist nicht ausreichend. Folglich konnte ein Benutzer stromführende Teile berühren und einen elektrischen Schlag erhalten. Auch hier ordneten die finnischen Marktaufsichtsbehörden einen Produktrückruf bei den Endverbrauchern an.

Beide Produkte entsprachen nicht der Niederspannungsrichtlinie, die Taschenlampe auch nicht der europäischen Norm EN 61558. Für die Taschenlampe wurden Rückrufmaßnahmen auch in Polen angeordnet.

Abb. 3: Gefährliche wiederaufladbare Taschenlampe
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011502?lang=de, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Rückruf für LED-Streifenleuchte

Ebenfalls mit einem Produktrückruf belegt wurde eine LED-Streifenleuchte aus China. Auch hier stellten die finnischen Marktaufsichtsbehörden fest, dass die Isolierung des mitgelieferten Netzteils nicht ausreichte. Ein Benutzer konnte Teile unter hoher Spannung berühren und einen elektrischen Schlag erhalten. Auch dieses Produkt verstieß gegen die Niederspannungsrichtlinie und die europäische Norm EN 61558.

Abb. 4: LED-Streifenleuchte mit gefährlichem Netzteil
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10010800?lang=de, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Viele Sportartikel mit REACH-Verstößen

In dieser Vielzahl erstmals zu beobachten sind zahlreiche Sportartikel, die insbesondere von den skandinavischen Marktaufsichtsbehörden in Norwegen, Finnland und Schweden auf Verstöße gegen Umweltvorschriften (REACH, POP, RoHS) untersucht wurden. 11 Produkte waren nicht konform mit der REACH-Verordnung, ein weiteres nicht mit der RoHS-Richtlinie.

Trainingsgerät mit Phtalaten und SCCPs

Bei einem online verkauften Trainingsgerät entdeckten die norwegischen Behörden, dass der schwarze Kunststoffgriff des Produkts eine übermäßige Konzentration von Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), Diisobutylphthalat (DIBP) und Dibutylphthalat (DBP), Di-‚isononyl‘phthalat (DINP), (gemessene Werte: 2,8 %, 0,16 %, 0,15 bzw. 0,53 Gew.-%) aufwies.

Darüber hinaus enthielt der Kunststoffgriff eine übermäßige Konzentration kurzkettiger chlorierter Paraffine SCCP (gemessener Wert bis: 1,2 Gew.-%). SCCPs bestehen in der Umwelt, sind toxisch für Wasserorganismen in geringen Konzentrationen und bioakkumulieren bei Wildtieren und Menschen, was ein Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellt. Eine längere Exposition durch die Haut kann Krebs verursachen.

Abb. 5: Trainingsgerät mit Phtalaten und SCCPs
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011391, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Verkaufsverbot für Springseil

Eine übermäßige Menge an bis (2-Ethylhexyl)phthalat (DEHP) (gemessener Wert: bis zu 22,3 Gew.-%) fanden die norwegischen Behörden auch in einem Springseil. Dieses Phthalat kann die Gesundheit von Kindern schädigen und möglicherweise das Fortpflanzungssystem schädigen. Auch dieses Sportprodukt war nicht im Einklang mit der REACH-Verordnung.

Abb. 6: Verkaufsverbot für Springseil
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10011355, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Produktrückruf und Zerstörung eines Badminton Sets von Donnay

Dass auch bekannte Marken von REACH-Problemen betroffen sind und hier enorme Kosten entstehen können, zeigt das Beispiel eines Badminton Sets der Marke Donnay. Auch dieses Produkt wies eine übermäßige Konzentration von Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) auf (gemessener Wert bis zu 25 Gew.-%).

Der Distributor dieses Produktes wurde von den finnischen Behörden nicht nur aufgefordert, die Produkte bei den Endverbrauchern zurückzurufen, sondern muss die an den Handel gelieferten Produkte ebenfalls zurücknehmen und zerstören. Zudem darf er die noch nicht verkauften Produkte nicht mehr auf dem Markt bereitstellen.

Ähnliche Maßnahmen wurden zudem bereits von den polnischen und estländischen Behörden ergriffen. Es bleibt zu hoffen, dass der Distributor und/oder der Markeninhaber entsprechende Compliance Anforderungen in seinen Einkaufsverträgen berücksichtigt und entsprechende Schadensersatzklauseln mit seinem Lieferanten vereinbart hat.

Abb. 7: Umweltgefährdendes Badminton Set von Donnay
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10009859, Datum: 11.02.2024, Sprache: Deutsch

Was tun Sie, um die Gefahren Ihrer Produkte zu vermeiden und die rechtlichen Vorschriften einzuhalten?

Bieten Sie Elektroprodukte oder Sportartikel in Ihrem Sortiment an?

Wie sicher sind Sie, dass sämtliche elektrischen und chemischen Risiken Ihrer Produkte vollständig berücksichtigt sind?

Verfügen Sie über aussagekräftige Tests und Dokumente von Ihren Lieferanten bezüglich der chemischen und elektrischen Bestandteile Ihrer Produkte?

Wird in den Fabriken Ihrer Lieferanten eine Inspektion oder ein Audit durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Produkte den vereinbarten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen?

Wie gewährleisten Sie, dass die gelieferten Produkte den geprüften Mustern entsprechen?

Falls Sie hier Handlungsbedarf sehen, stehen wir Ihnen zur Seite, um potenzielle Risiken zu identifizieren und zusätzliche Kosten durch gefährliche Produkte zu vermeiden.

Wir unterstützen Sie beim Aufbau eines geeigneten Risikomanagements und begleiten Sie durch den Prozess der Konformitätsbewertung, einschließlich der Erstellung der technischen Dokumentation, Risikoanalyse und EU-Konformitätserklärung.

Avatar-Foto
Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

Noch Fragen?

Hier können Sie mich direkt kontaktieren. Ich freue mich auf Ihre E-Mail.

Weitere interessante Beiträge

Unsere Referenzen

Cookie Consent mit Real Cookie Banner Skip to content