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Rapex-Report am Donnerstag: Fast 400 gefährliche Produkte im Mai – chemische Produkte mit neuen Höchstwerten

Der Trend zu deutlich mehr Meldungen im Safety Gate der Europäischen Unio hält unvermindert an. Im April wurden 391 gefährliche Produkte in das Safety Gate eingestellt. Über das früher unter dem Namen RAPEX-System bekannte Informationssystem informieren sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten gegenseitig über gefährliche Produkte. Gestützt auf diese Informationen können die Behörden entsprechende Maßnahmen ergreifen und bei Bedarf zusätzliche Überprüfungen oder Untersuchungen einleiten.

Der größte Anteil fiel im April mit 40,7 % wieder auf Kosmetika, gefolgt von Spielzeugen (15,9 %), Bekleidung, Textilien, Modeartikel und Babyartikeln (11,5 %), chemischen Produkten (10 %) und Kraftfahrzeugen (9,2%). Der Anteil der Elektrogeräte und -zubehör (incl. Kommunikations- und Multimediageräte, Beleuchtung und Lichterketten) betrug im Mai nur 7,9 %.

Viele Kosmetika aus Italien

Im Vergleich zu den Vormonaten war der Anteil der Produkte aus China mit 29,2% deutlich geringer. Das zweitgrößte Herkunftsland war im Mai Italien, das für 68,6 % der beanstandeten Kosmetika verantwortlich zeichnete.

Der hohe Anteil der beanstandeten Kosmetika, die überwiegend im stationären Handel gekauft werden, führte ebenfalls dazu, dass der Anteil der online verkauften Produkte im Mai auf 16,1 % gefallen ist. Zurückgerufen werden müssen 24,6% aller beanstandeten Produkte.

Da die italienischen Behörden wiederum einen Fokus auf Kosmetika gelegt haben, kam fast jede dritte Meldung aus Italien, gefolgt von Tschechien mit über 15% aller Meldungen.

Konsequenzen nicht konformer Produkte

Produkte, die den Vorschriften in der EU nicht entsprechen, können für Unternehmen katastrophale Folgen haben. Neben den offensichtlichen finanziellen Belastungen drohen irreversible Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen. Laut einer Studie der Allianz können Rückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten in Höhe von 650.000 € bis 1.000.000 € verursachen. Importverbote können bereits bei mittelgroßen Lieferungen Kosten von 50.000 € bis 100.000 € nach sich ziehen, zusätzlich zu Strafzahlungen an Kunden und dem gravierenden Verlust des Unternehmensimages.

Einführung eines effizienten Produkt Compliance Managements

Durch die Implementierung effektiver Compliance-Strategien können Unternehmen die Wahrscheinlichkeit von Produkt- oder Kennzeichnungsfehlern erheblich verringern und potenzielle Risiken frühzeitig erkennen. Stichprobenartige Tests stellen sicher, dass Produkte regelmäßig auf ihre Konformität mit den Standards überprüft werden, während eine zuverlässige Dokumentation den Nachweis der Einhaltung ermöglicht und im Falle von Rückrufen oder Untersuchungen eine schnelle und effiziente Reaktion gewährleistet.

Wir empfehlen daher unseren Kunden dringend, proaktiv in ihre Compliance-Strategien zu investieren. Nur so können sie sich vor den verheerenden Folgen schützen, die nicht konforme Produkte nach sich ziehen können.

150 Kosmetika mit BMHCA

Wurden im letzten Monat nur ca. 50 Kosmetika von den Marktaufsichtsbehörden mit Verkaufsverboten belegt, so verdreifachte sich die Zahl der Meldungen im Mai auf 159. 94,3% der beanstandeten Produkte (insgesamt 150) enthielten lt. den jeweiligen Zutatenlisten das Produkt 2-(4-tert-butylbenzyl) Propionaldehyd (BMHCA), was in kosmetischen Mitteln verboten ist. BMHCA kann das Fortpflanzungssystem schädigen, die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen und die Haut sensibilisieren.

Führend bei den Untersuchungen waren wie schon in den Vormonaten die italienischen Marktaufsichtsbehörden, gefolgt von Tschechien. Mehr als 40% der untersuchten Kosmetika stammten aus Italien, weitere 40 % kamen aus Deutschland, Spanien und Frankreich.

Abb. 1: Haargel mit BMHCA
Quelle: Europäische Kommission,  https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012117?lang=de, Datum: 4.06.2024, Sprache: Deutsch

Chemische Produkte im Fokus der Marktaufsichtsbehörden

Im Mai wurden besonders von den tschechischen Marktaufsichtsbehörden verschiedene chemische Produkte getestet und mit Verkaufsverboten und Produktrückrufen belegt. Zu den insgesamt 39 beanstandeten Produkten gehörten elektronische Einwegzigaretten und deren Flüssigkeiten, Fackelöl, Kleber, Lacke, Reiniger und auch zahlreiche Schädlingsbekämpfungsmittel.

Elektronische Einwegzigaretten mit zu hohen Nikotinkonzentrationen

16 elektronische Einwegzigaretten, vorwiegend aus China und Tschechien, wurden von den deutschen und tschechischen Marktaufsichtsbehörden als gefährlich eingestuft. Viele der Produkte hatten übermäßige Volumina an nikotinhaltiger Flüssigkeit (Nachfüllvolumen: 20 ml). Dies könnte zum versehentlichen Konsum einer hohen Dosis Nikotin führen.

Nikotin ist akut toxisch und kann die Sicherheit des Anwenders gefährden, insbesondere wenn das Produkt mit der Haut in Berührung kommt oder eingenommen wird.  Die beanstandeten Produkte verstießen gegen die Anforderungen der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und müssen vom Markt zurückgenommen werden.

Abb. 2: Elektronische Einwegzigarette mit zu hohem Nikotingehalt
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013170, Datum: 3.06.2024, Sprache: Deutsch

Klebemittel mit übermäßigen Toluolkonzentrationen

Bei zwei unterschiedlichen Klebstoffen entdeckten die Marktaufsichtsbehörden aus Litauen zu hohe Toluolkonzentrationen (Messwerte: 0,98 Gew.-% bzw. 0,23 Gew.-%). Toluol ist neurotoxisch, wenn es eingeatmet wird oder mit der Haut in Kontakt kommt und kann auch das ungeborene Kind betreffen.

Beide Produkte entsprachen nicht der REACH-Verordnung und müssen vom Markt zurückgenommen werden

Abb. 3: Gefährliches Klebedichtmittel zur Reparatur von Schlauchbooten, Trampolinbecken, Zelten und Markisen
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013197, Datum: 3.06.2024, Sprache: Deutsch

Schädlingsbekämpfungsmittel ohne Kindersicherung und Gefahrenwarnung

Gleich 11 verschiedene Schädlingsbekämpfungsmittel wurden von den tschechischen Marktaufsichtsbehörden mit Verkaufsverboten belegt. Die Schädlingsbekämpfungsmittel gegen Igel, Füchse, Eichhörnchen, Wiesel, Frettchen, Marder, Motten, Ringwürmer, Fliegen, Ameisen und Termiten waren aufgrund der Verpackungsgestaltung attraktiv für Kinder und hätten von sehbehinderten Personen mit Lebensmitteln verwechselt werden können.

Die Produktverpackung war aber weder mit einer kindersicheren Vorrichtung geschützt noch mit einer taktilen Gefahrenwarnung ausgestattet. Dem Anwender fehlen daher die notwendigen Informationen über die Gefahren, wenn das Produkt mit der Haut in Berührung kommt oder wenn es eingenommen wird. Die Produkte waren nicht im Einklang mit der Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP) und dürfen so nicht mehr verkauft werden.

Abb. 4: Schädlingsbekämpfungsmittel ohne Kindersicherung und Gefahrenwarnung
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10013102, Datum: 3.06.2024, Sprache: Deutsch

Tattootinte mit hohen Blei- und Kupferkonzentrationen

Die italienischen Marktaufsichtsbehörden bemängelten zwei Tattootinten. Eine der beiden enthielt eine übermäßige Bleikonzentration (gemessener Wert: 0.00011 Gew.-%). Blei ist schädlich für die menschliche Gesundheit, sammelt sich im Körper an, kann eine neurotoxische Entwicklung verursachen und kann gestillte oder ungeborene Kinder betreffen.

Das andere Produkt hatte eine übermäßige Kupferkonzentration (gemessener Wert: 0,4 Gew.-%). Kupfer kann Leber- und Nierenschäden verursachen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Beide Produkte hielten die REACH-Verordnung nicht ein und müssen vom Markt genommen werden.

Abb. 5: Tattootinte mit zu hoher Kupferkonzentration
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10012097, Datum: 2.05.2024, Sprache: Deutsch

Was tun Sie, um die Gefahren Ihrer Produkte zu vermeiden und die rechtlichen Vorschriften einzuhalten?

Bieten Sie ähnliche Produkte mit chemischen Substanzen an?

Wie sicher sind Sie, dass sämtliche Risiken Ihrer Produkte vollständig berücksichtigt sind?

Haben Sie für alle Ihre Produkte eine Risikoanalyse erstellt, die Sie Behörden auf Anfrage zur Verfügung stellen könnten?

Kennen alle Ihre Lieferanten die Anforderungen aus der REACH- oder der CLP-Verordnung und der relevanten harmonisierten europäischen Normen?

Haben Sie eine komplette technische Dokumentation für alle Ihre Produkte, wie sie die neue Produktsicherheitsverordnung fordert?

Verfügen Sie über aussagekräftige Tests und Dokumente von Ihren Lieferanten bezüglich der chemischen und elektrischen Bestandteile Ihrer Produkte?

Wie gut sind Sie auf einen Produktrückruf vorbereitet und haben Sie ein Produktrückruf-Management installiert?

Falls Sie hier Handlungsbedarf sehen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um potenzielle Risiken zu identifizieren und zusätzliche Kosten durch gefährliche Produkte zu vermeiden.

Wir unterstützen Sie beim Aufbau eines geeigneten Risikomanagements und begleiten Sie durch den Prozess der Konformitätsbewertung, einschließlich der Erstellung der technischen Dokumentation, Risikoanalyse und EU-Konformitätserklärung.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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