Rapex-Report am Donnerstag: Vorsicht bei Einkäufen über Wish: Verbrennungen durch Haartrockner und Haarglätter, elektrische Schläge durch LED-Leuchtmittel

Offenbar ist der Brexit noch nicht ganz im Safety Gate der europäischen Union angekommen. In der zweiten Januarwoche 2021 tauchen zahlreiche Meldungen der Marktaufsichtsbehörden aus dem Vereinigten Königreich im Safety Gate der Europäischen Union auf. Die Behörden haben insbesondere elektrische Produkte geprüft, die über die Online-Plattform Wish verkauft wurden. Auch wenn das Vereinigte Königreich die EU inzwischen rechtskräftig verlassen hat, dürfen diese Produkte in keinem der EU-Staaten mehr verkauft werden.

Mehrere Haartrockner und Haarglätter, alle aus der Volksrepublik China, hatten schlechte Lötarbeiten mit Mehrfachverbindungen, die direkt an Bauteile ohne Spannungsentlastung geschweißt waren. Der Benutzer konnte stromführende Teile berühren, was zu einem elektrischen Schlag führen kann. Zudem konnten die Kabel bei Überlastung überhitzen, Verbrennungen verursachen oder zu einem Brand führen. Die Produkte entsprachen nicht den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 60335. Wish muß die Listung dieser Produkte umgehend beenden und die Produkte vom Endverbraucher zurückrufen.

Bei sechs verschiedenen Leuchtmitteln konnte die Linse ohne Werkzeuge entfernt werden und damit den Zugang zu aktiven Teilen ermöglichen. Der Benutzer kann aktive Teile berühren und einen elektrischen Schlag erhalten. Die Produkte verstießen alle gegen die Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und die einschlägige europäische Norm EN 62560.

Eine LED-Pflanze verfügte über keine Sicherung, was zu einem erhöhten Brandrisiko führt. Auch hier waren die aktiven Teile ohne Werkzeuge zugänglich. Das Produkt entspricht nicht den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und den einschlägigen europäischen Normen EN 60598 und EN 61347.

Ebenfalls über Wish verkauft und von den Behörden im Vereinigten Königreich mit einem Verkaufsverbot belegt wurden eine Nebelmaschine und eine elektrische Zigarettenwalze.
Bei der Nebelmaschine waren die Rauch- und Freiräume zwischen dem primären und dem zugänglichen Sekundärkreislauf unzureichend. Das Produkt konnte leicht überhitzen, was die Brandgefahr erhöht. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und den einschlägigen europäischen Normen EN 60335-1 und EN 60335-2-98.

Die elektronische Zigarettenwalze verfügte über eine zu schwache Isolierung, die sich im Laufe der Zeit auch noch verschlechtern kann. Dies konnte dazu führen, dass aktive Teile in Berührung kommen und zu Kripferströmungen führen. Werden Funken erzeugt, kann dies zu einem Brand führen. Das Produkt entspracht nicht den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und den einschlägigen europäischen Normen EN 60335 und EN 61558.

Die Nebelmaschine und die Zigarettenwalze müssen von Wish nicht nur vom Online-Marktplatz entfernt werden, sondern auch bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden

Die deutschen Behörden beanstandeten verschiede Ohrringe aus Hongkong, die allesamt
übermäßige Bleikonzentration enthielten (Messwerte von 45- 80 % m/m). Blei ist schädlich für die menschliche Gesundheit, akkumuliert sich im Körper, kann Entwicklungsneurotoxizität verursachen und ungeborene Kinder schädigen. Das Produkt entspricht nicht der REACH-Verordnung.

Bei verschiedenen Spielzeugen (Plüschtier, Pfeil und Bogen) monierten die Marktaufsichtsbehörden aus Österreich und Frankreich Verstöße gegen die Spielzeugrichtlinie und die einschlägige europäische Norm EN 71-1. Durch die Konstruktion oder Verarbeitung konnten sich kleine Teile oder Füllmaterialien leicht lösen, von Kindern in den Mund genommen werden und die Atemwege versperren.

In dieser Woche hat die Bundesnetzagentur bekannt gegeben, dass Sie im Jahr 2020
mehr als 21 Millionen Geräte aus über 2.100 Online-Angeboten nach Testkäufen und Prüfungen gesperrt haben. Bei einem Durchschnittspreis von 10 € handelt es sich hierbei um einen Verkaufswert von über 200 Millionen €. Dies zeigt, dass Hersteller, Importeure und Handelsunternehmen die einschlägigen Vorschriften und Normen kennen und befolgen sollten, um sich vor immensen finanziellen Schäden zu schützen. Die Einhaltung der europäischen Vorschriften und Normen sollte auch bei den Verhandlungen mit den meist chinesischen Lieferanten eine zentrale Rolle spielen, um die negativen Auswirkungen durch Importverbote, Verkaufsverbote und Produktrückrufe zu vermeiden.

Avatar-Foto
Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

Noch Fragen?

Hier können Sie mich direkt kontaktieren. Ich freue mich auf Ihre E-Mail.

Weitere interessante Beiträge

Unsere Referenzen

Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner Skip to content