Rapex-Report am Donnerstag: Sommerflaute? Nicht auf dem Safety Gate: mehr Warnmeldungen als in all den vergangenen Wochen des Sommers 2022 in KW 27 und 28

In den vergangenen zwei Juli-Wochen gab es wieder eine hohe Zahl an Warnmeldungen auf dem Safety Gate der Europäischen Union.

In der KW 27 waren es 55 Warnmeldungen, in der KW 28 sogar 56 Mitteilungen, durch die sich die einzelnen Mitgliedstaaten der EU gegenseitig vor unsicheren und gefährlichen Konsumentenprodukten warnten.

KW 27:

Zum einen wurde in der KW 27 in Lettland für ein aufblasbares Gummiboot das Anbringen geeigneter Warnhinweise über Risiken am Produkt angeordnet. Das in der Ukraine hergestellte Produkt barg das Risiko des Ertrinkens und der Hypothermie für den Nutzer. Das Handbuch enthielt keine Anweisungen für den Wiedereinstieg. Außerdem fehlten in der Anleitung andere notwendige Informationen und Warnhinweise. Ein Benutzer, der über Bord fällt, würde es schwer haben, wieder an Bord zu kommen, da er die Wiedereinstiegsmöglichkeiten nicht leicht erkennen könnte. Ein Benutzer könnte unterkühlt werden und/oder ertrinken. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über Sportboote und Wassermotorräder. 

Ebenfalls durch die lettischen Marktaufsichtsbehörden wurde ein aus dem Vereinigten Königreich stammender Wasserkocher vom Markt zurückgenommen. Der Netzstecker war nicht an den Wasserkocher angepasst, was zu Überhitzung führt. Die nichtmetallischen Teile des Produkts waren nicht ausreichend widerstandsfähig gegen Entzündung. Der Benutzer könnte stromführende Teile berühren, die überhitzt sind oder deren Isolierung beschädigt ist, und Verbrennungen oder einen elektrischen Schlag erleiden. Das Produkt entsprach weder den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie noch den europäischen Normen EN 60335-2-15 und EN 60695-2-11.  

Außerdem wurde ein Motorradhelm auf Anweisung der deutschen Marktüberwachungsbehörden von den Endverbrauchern zurückgerufen. Das in China hergestellte Produkt barg ein Verletzungsrisiko, denn das Aufprallschutzvermögen des Helms war unzureichend. Im Falle eines Aufpralls könnte der Benutzer Kopfverletzungen erleiden. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Regelung ECE 22-05. 

Abb. 1: Nicht schützender Motorradhelm
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10006360, Datum: 20.07.2022, Sprache: Englisch

In Ungarn wurde eine dort hergestellte Kunststoffschaukel wegen Verletzungsrisikos von den Endverbrauchern zurückgerufen und vom Markt zurückgenommen. Das Produkt barg ein Verletzungsrisiko. Die Seile könnten mit Knoten am Schaukelsitz befestigt sein, die sich leicht lösen können. Ein Kind könnte herunterfallen und sich verletzen. Das Produkt entsprach weder den Anforderungen der Spielzeugsicherheitsrichtlinie noch der europäischen Norm EN 71-8. 

Auch ein aus China stammender Luftbefeuchter wurde durch die ungarischen Behörden zurückgerufen und vom Markt zurückgenommen. Der nicht antibakterielle Wassertank des Produkts war für die Reinigung nicht zugänglich, und das Gerät gab keinen Warnton aus, um den erforderlichen Wasserwechsel zu veranlassen. Dies könnte zur Entwicklung von Schimmelpilzen führen, die bei Verbreitung über die Luft allergische Reaktionen hervorrufen können. Das Produkt entsprach aufgrund seines mikrobiologischen Risikos weder den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie noch der europäischen Norm EN 60335. 

Ein Badezimmerschrank mit Spiegel an der Tür wurde durch die irischen Marktüberwachungsbehörden von den Endverbrauchern zurückgerufen. Das aus Rumänien stammende Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit. Die Rückseite der Spiegelfolie ließ sich weder mit Klebstoff noch mit Klebeband verbinden. Daher könnte der Spiegel von der Tür abfallen und zerbrechen, was zu Glassplittern führen kann, die Verletzungen verursachen. Das Produkt barg demnach ein nicht tragbares Verletzungsrisiko.

KW 28:

In der KW 28 gab es vor allem Meldungen über Elektrogeräte. 

So ordneten die lettischen Marktaufsichtsbehörden für ein aus China stammendes USB-Ladegerät ein Verbot zur Bereitstellung auf dem Markt sowie Begleitmaßnahmen an. Das Produkt barg das Risiko eines elektrischen Schlags für den Nutzer. Die Luft-/Kriechstrecken zwischen dem Primär- und dem zugänglichen Sekundärstromkreis waren nicht ausreichend, was zu einem Kurzschluss führen könnte. Ein Benutzer könnte durch zugängliche stromführende Teile einen elektrischen Schlag erhalten. Das Produkt erfüllte weder die Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie noch die der europäischen Norm EN 62368-1.   

Auch eine in Polen hergestellte Deckenlampe wurde auf Anordnung der nationalen Marktaufsichtsbehörden vom Markt genommen und die Verbraucher mussten vor den Risiken gewarnt werden. Wasser könnte in das Produkt eindringen und mit stromführenden Teilen in Berührung kommen, wodurch sich das Risiko eines Stromschlags erhöht. Das Produkt entsprach weder der Niederspannungsrichtlinie noch der europäischen Norm EN 60598-1. 

In Bulgarien riefen die Marktaufsichtsbehörden eine Kaffeemaschine der Marke IKEA von den Endverbrauchern zurück. Das in der Schweiz hergestellte Produkt barg ein Verbrennungs- und Verletzungsrisiko. Das Material und die Konstruktion des Sicherheitsventils aus Edelstahl waren nicht für die Kaffeezubereitung geeignet. Das Produkt könnte während des Gebrauchs explodieren, was zu Verbrennungen und Verletzungen führen kann. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit.

Abb. 2: Kaffeemaschine mit Verletzungsrisiko
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10006330, Datum: 20.07.2022, Sprache: Englisch

Eine Rückrufanordnung wurde ebenfalls für eine Campingofen-Windschutzscheibe durch die finnischen Marktaufsichtsbehörden ausgesprochen. Das aus Rumänien stammende Produkt barg das Risiko der Atemlähmung für den Nutzer. Wenn der Benutzer die Gebrauchsanweisung nicht befolgt und in einem schlecht belüfteten Raum einen unzureichenden Abstand zwischen der Windschutzscheibe und dem Topf lässt, kann dies zu einer Kohlenmonoxidvergiftung führen. Das Produkt entsprach weder der Gasgeräteverordnung noch der europäischen Norm EN 521.

Zudem wurden in Deutschland drei Paar Ohrringe der Marke TEDi zurückgerufen und der Verkauf wurde eingestellt. Grund hierfür war ein chemisches Risiko, das von den in China hergestellten Produkten ausging. Die Produkte setzten eine übermäßige Menge an Nickel frei (Messwert 0,89 μg/cm²/Woche). Nickel ist ein starker Sensibilisator und kann allergische Reaktionen hervorrufen, wenn es in Artikeln enthalten ist, die direkt und längere Zeit mit der Haut in Berührung kommen. Die Produkte erfüllten nicht die Anforderungen der REACH-Verordnung.     

Auch eine in Indien hergestellte Lederhose für Kinder wurde durch die deutschen Behörden von den Endverbrauchern zurückgenommen und vom Markt genommen. Auch hier ließ sich die Maßnahme auf ein chemisches Risiko zurückrufen. Das Produkt entsprach nicht der REACH-Verordnung, da es Chrom VI (Messwert bis zu 7,1 mg/kg) enthielt. Chrom VI ist sensibilisierend und kann allergische Reaktionen auslösen.

Abb. 3: Lederhose für Kinder mit der Gesundheit schadenden Chemikalien
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10006330, Datum: 20.07.2022, Sprache: Englisch

Die von den Behörden erlassenen Maßnahmen sind für die betroffenen Unternehmen nicht nur äußerst kostspielig, sondern haben auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen zur Folge. Wir sind sicher, dass entsprechende Tests und Prüfungen die Mängel schnell offenbart hätten. Diese Tests sind natürlich mit Kosten verbunden, hätten aber die drastischen negativen Auswirkungen durch Verkaufsverbote und Produktrückrufe bei weitem nicht erreicht. 

Daher empfehlen wir unseren Kunden, dem Produkt Compliance Management einen höheren Stellenwert beizumessen und Schäden in beträchtlicher Höhe abzuwenden.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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