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Rapex-Report am Donnerstag: 135 gefährliche Kosmetika – Verkaufsverbote für Nivea, L`Oreal, Palmolive und Dove

Auch im Mai wurden wieder über 360 gefährliche Produkte in das Safety Gate der europäischen Union eingestellt. Einen extrem hohen Anteil hatten in diesem Monat Kosmetika mit 37,1, %, gefolgt von Elektrogeräten und-zubehör (12,6 %), Bekleidung, Textilien und Modeartikel (10,7%) und Spielzeugen (9,9 %).
Im Safety Gate, das auch unter dem Namen Rapex-System bekannt ist, informieren sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer gegenseitig über gefährliche Produkte. Produkte, die von einem Mitgliedsstaat als gefährlich oder schädlich eingestuft werden, sollen so auch in den anderen Mitgliedsländern überprüft und gegebenenfalls vom Markt genommen werden.


Italienischer Fokus auf Kosmetika

Auffällig waren die Aktivitäten der italienischen Marktaufsichtsbehörden, die insgesamt 131 Meldungen abgaben und somit für mehr als jede dritte Meldung im Monat Mai verantwortlich waren. Offenbar hat in Italien eine konzertierte Aktion mit dem Fokus auf Kosmetika stattgefunden, da 104 der Meldungen zu Kosmetika aus Italien stammten. Weitere Meldungen zu Kosmetika stammten aus Rumänien (28), Tschechien und Zypern.
Für alle 135 Produkte wurden Verkaufsverbote und die Rücknahme vom Markt ausgesprochen, da nahezu alle den Inhaltsstoff Butylphenylmethylpropional (BMHCA) enthielten, der in kosmetischen Mitteln verboten ist. BMHCA kann das Fortpflanzungssystem schädigen, die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen und eine Hautsensibilisierung verursachen.

Rücknahme von 16 Nivea-Produkten

Überraschend an diesem Ergebnis ist, dass vom Verkaufsverbot nicht nur unbekannte Produkte, die online vertrieben wurden, betroffen waren, sondern auch namhafte Anbieter bzw. Marken wie Nivea, L`Oreal, Dove, Palmolive oder Axe. Bei den 16 beanstandeten Produkten der Marke Nivea handelte es sich u.a. um Reinigungsmilch, Hautcreme, Gesichtstonic, Badecreme, Haarmousse, Haarspray und Augen-Make-up-Entferner.

Neben den 16 Nivea-Produkten wurden auch 4 Produkte von L`Oreal, 3 von Palmolive und 2 von Dove beanstandet und mit Verkaufsverboten und der Rücknahme vom Markt belegt. Alle Produkte waren nicht in Einklang mit der Kosmetikverordnung.

Abb. 1: Gefährliche Reinigungsmilch von Nivea
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008688?lang=de, Datum: 30.05.2023, Sprache: Englisch

Abb. 2: Gefährliches Haargel von L`Oreal
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008622?lang=de, Datum: 30.05.2023, Sprache: Englisch

46 gefährliche Elektroprodukte und -zubehör

Von den 46 gemeldeten Elektroprodukten stammten 35, also über 75 % aus der Volksrepublik China. Bei den weiteren 10 Produkten war die Herkunft unbekannt.
21 Produkte bargen das Risiko eines elektrischen Schlages, Feuer und/oder Verbrennungen und verstießen zumeist gegen die Niederspannungsrichtlinie und die europäischen Normen EN 60598-1, EN 60598-2-20, EN 60268-1, EN 60950-1, EN 62368-1, EN 60884-1 und EN 60884-2-5, EN 60335.
Die restlichen Produkte hatten ein chemisches oder mikrobiologisches Risiko oder beschädigten die Umwelt. Sie waren überwiegend nicht konform mit der RoHS-Richtlinie und einige verstießen darüber hinaus gegen die POP-Verordnung.

Feuergefahr durch beheizbaren Skischuh-Rucksack

Einen Produktrückruf ordneten die österreichischen Marktaufsichtsbehörden für einen heizbarer Skischuh-Beutel der Marke Fischer an. Temperaturregler der in China hergestellten Skischuhtasche konnten durch einen elektrischen Defekt überhitzen. Dies könnte ein Feuer auslösen oder Verbrennungen für den Benutzer verursachen. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und muss von den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Abb. 3: Heizbarer Skischuh-Beutel von Fischer mit Feuergefahr
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008693?lang=de, Datum: 30.05.2023, Sprache: Englisch

Rückruf für Elektrogrill

Ebenfalls zurückgerufen werden muss ein elektrischer Grill, der vor allem online unter der treffenden Marke „Little Balance“ verkauft wurde. Dies haben die Marktaufsichtsbehörden in Frankreich und Luxemburg angeordnet.
Das Netzkabel des Grills mit abnehmbaren Ständer, mit Seitenablagen und einem Tablett unter dem Grill war nicht gesichert, da die Schrauben des Ankermechanismus nicht fest genug sind. Der Benutzer konnte einen elektrischen Schlag erhalten. Das Produkt entsprach weder den Anforderungen der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit noch den europäischen Normen EN 60335-1 und EN 60335-2.

Abb. 4: Elektrogrill mit elektrischem Schlag
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10007616?lang=de, Datum: 30.05.2023, Sprache: Englisch

8 Elektroroller mit Umweltgefahren

Bei 8 Elektrorollern fanden die schwedischen Marktaufsichtsbehörden übermäßige Konzentrationen von Blei in verschiedenen Teilen des Rollers. Diese reichten bis zu 70,4 Gew.-%. Blei stellt ein Risiko für die Umwelt dar.
In einigen Produkten wurden zudem übermäßige Konzentrationen von SCCP (gemessener Wert bis zu 2,16 Gew.-%) und auch eine übermäßige Konzentration von Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) und Dibutylphthalat (DBP) auf (gemessene Werte bis zu 13,9 % bzw. 0,07 Gew.-%) gefunden. Bei einem Produkt wiesen die Kunststoffgriffe am Lenkrad eine übermäßige Konzentration an polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) auf (gemessener Wert bis zu 4,7 ppm Gewicht)

Blei, SCCPs, DEHP, DBP und PAKs mit zu hohen Konzentrationen

SCCPs bestehen in der Umwelt, sind giftig für Wasserorganismen in geringen Konzentrationen und bioakkumulieren in Wildtieren und Menschen, was ein Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellt. Phthalate können die Gesundheit schädigen, indem sie möglicherweise Schäden am Fortpflanzungssystem verursachen. PAKs können Krebs verursachen und sind auch mutagen und fortpflanzungsgefährdend.

Verkaufsverbote für Importeure, Händler und Online-Händler

Die betroffenen Elektroroller der Marken E-Scooter, E-Wheels, Windgoo, Hecht, Autoskate, Velocifero, Nitrox und Veiodürfen dürfen von den verantwortlichen Importeuren, Händlern und Online-Anbietern nicht mehr vertrieben werden. Die Listung auf Marktplätzen muss eingestellt werden.

Abb. 4: Elektroroller mit zu viel Blei, SCCPs, DEHP, DBP und PAKs
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008839, Datum: 30.05.2023, Sprache: Englisch

Konsequenzen nicht konformer Produkte

Die von den Behörden erlassenen Maßnahmen sind für die betroffenen Unternehmen nicht nur äußerst kostspielig, sondern haben auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen zur Folge. Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote schon bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten.
Daher empfehlen wir unseren Kunden, dem Produkt Compliance Management, stichprobenartigen Tests und vor allem einer vollständigen und zuverlässigen Dokumentation einen höheren Stellenwert beizumessen und Schäden in beträchtlicher Höhe abzuwenden

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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