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Internationale Beschaffung – 5 Tipps für langfristigen Erfolg

Inhaltsverzeichnis

Wenn es um „Internationale Beschaffung“ oder „Internationalen Einkauf“ geht, liegt der Fokus bei den meisten Unternehmen auf attraktiven Produkten, günstigen Einkaufspreisen und geringen Lieferzeiten. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit Beschaffungs-Tipps, die eher selten beleuchtet werden, aber wichtige Vorteile und neue Erkenntnisse bieten. Hier sind 5 Tipps für Sie, die Ihren langfristigen Erfolg im internationalen Einkauf unterstützen werden.

Der Aufbau und die Pflege eines überlegenen Zulieferer- und Lieferantenpools ist längst zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Hersteller und Handelsunternehmen geworden. In der globalen und wettbewerbsintensiven Marktsituation von heute benötigen Unternehmen kostengünstige, aber gleichzeitig auch zuverlässige und innovative Lieferanten.
Bei der Herstellung komplexer Produkte, etwa in der Automobilindustrie oder dem Flugzeugbau, sind globale Wertschöpfungsketten und Entwicklungspartnerschaften schon lange bekannt und etabliert.
Aber auch bei einfachen Verbraucherprodukten hat sich die Bedeutung des global sourcing dramatisch beschleunigt.
Im folgenden Bild sehen Sie die internationalen Zulieferer eines europäischen Lebensmitteldiscounters und eines Textilhändlers. Diese Zulieferer sitzen zu mehr als 75% in China, Indien und Bangladesch.

Die Zusammenarbeit mit mehr als 1000 Lieferanten aus über 25 Ländern stellt selbst etablierte Unternehmen vor große Herausforderungen und erfordert ein durchdachtes und zielgerichtetes Lieferanten-Management.

 

Die Zukunft des internationalen Einkaufs

Internationale Zulieferer und globale Supply Chain-Prozesse dürften auch in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Die Ursachen und die daraus folgenden Konsequenzen sind vielfältig:

Ein effizientes Lieferanten- und Zulieferer-Management ist daher für nahezu alle Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor

Wie finde ich den oder die richtigen Zulieferer?

Die Anforderungen an internationale Zulieferer sind in erster Linie abhängig von der Zielsetzung des kaufenden Unternehmens. Hierbei gibt es, grob vereinfacht, zwei grundsätzlich unterschiedliche Situationen:

Situation 1:


Das Unternehmen möchte nur einmalig eine kleine Menge eines Randproduktes kaufen. Meist stehen hier Preis, Produktqualität und Lieferfähigkeit im Zentrum der Betrachtung. 

Situation 2:


Das Unternehmen möchte längerfristig eine Verbindung zu dem Zulieferer aufbauen und mehrere Produkte über einen längeren Zeitraum bei diesem kaufen. In dieser Situation werden noch zahlreiche weitere Aspekte wichtig, wie z.B. Technologie- und Produkt-Know-how, Gesamtsortiment, Produktionskapazität, Produktionserfahrung, Produktionsflexibilität, Preis-/Leistungsverhältnis, Zuverlässigkeit, Standort, Logistik, Innovationspotential, Qualität des Management-Teams, IT- und Supply Chain Management-Systeme, Exklusivität, u.v.m.

Leider werden bei der Lieferantenauswahl und -bewertung wichtige Produkt Compliance-Anforderungen viel zu selten berücksichtigt. Diese können den langfristigen Erfolg eines Unternehmens aber stark beeinträchtigen, da schon die formale Nicht-Compliance der Produkte zu Importverzögerungen oder Verkaufsstops führen können.

Aus unserer Erfahrung sollten Unternehmen im Internationalen Beschaffungsprozess vor allem auf diese 5 Tipps achten:

  • Informieren Sie sich über europäische und landesspezifische Vorschriften
  • Kümmern Sie sich um Bill of Material (BOM) und Bill of Substances (BOS)
  • Überprüfen Sie die Vollständigkeit und Richtigkeit der Dokumentation für Produkte und einzelne Lieferungen
  • Suchen Sie Lieferanten mit englischen Sprachkenntnissen in verschiedenen Funktionen
  • Halten Sie Produkt Compliance Anforderungen in Lieferanten-Verträgen fest

Tipp 1: Informieren Sie sich über europäische und landesspezifische Vorschriften

Für ein Unternehmen, das seine Produkte vor allem in Europa vermarkten will, ist der Kenntnisstand seiner Lieferanten in Bezug auf europäische und landesspezifische Anforderungen ein zentraler Aspekt. In den letzten zwanzig Jahren sind sehr viele Vorschriften, Anforderungen und Normen europaweit harmonisiert worden. Daher gelten sie in allen Mitgliedsstaaten. Doch es gibt zahlreiche landesspezifische Vorschriften, die Sie als In-Verkehr-Bringer zusätzlich berücksichtigen müssen und die vor allem für elektrische Produkte oder Produkte mit Haut- oder Lebensmittelkontakt gelten.

In der Regel sind Lieferanten mit einem attraktiven Produktportfolio weltweit tätig und beliefern nicht nur Kunden in Europa. Oft liefern sie das gleiche Produkt auch an Kunden in Asien, USA, Australien oder Südamerika und entsprechende Mengen bestimmen die Priorität Ihrer Aktivitäten.

Die Anforderungen an Produkte unterscheiden sich auf den verschiedenen Kontinenten und den einzelnen Ländern zum Teil sehr stark. Es ist für die Lieferanten sehr zeitaufwändig, alle weltweiten Vorschriften und Normen und deren Veränderungen zu kennen und zu verfolgen. Sie können somit nicht voraussetzen, dass Ihr Lieferant alle relevanten europäischen und landesspezifischen Vorschriften kennt.

Auf keinen Fall sollten Sie sich darauf verlassen, dass eine vom Lieferanten zusammengestellte Anforderungsliste vollständig und aktuell ist. Informieren Sie sich also selbst über europäische und landesspezifische Vorschriften.

Sie möchten mehr über die für Sie relevanten Vorschriften erfahren? Dann ist der Workshop Produkt Compliance die richtige Wahl für Sie!

Tipp 2: Kümmern Sie sich um Bill of Material (BOM) und Bill of Substances (BOS)

Für die Produkt Compliance Ihres Unternehmens ist es entscheidend, dass Sie genau wissen, wie Ihre Produkte zusammengesetzt sind und wie sie produziert wurden. Eine vollständige Bill of Material (oft auch Stückliste genannt) zeigt Ihnen, welche Bauteile in welcher Häufigkeit in Ihrem Produkt benutzt bzw. verbaut worden sind. Da bestimmte Bauteile (z.B. ein Kunststoffteil oder ein Dichtungsring) sich aber wiederum aus verschiedenen Substanzen (z.B. verschiedene Granulate) oder Gemischen zusammensetzen können, benötigen Sie darüber hinaus eine Auflistung, welche Substanzen in einzelnen Komponenten/Bauteilen vorkommen (Bill of substances).

Dies hat folgenden Grund: Einzelne Anforderungen (z.B. aus REACH oder RoHS) und die zugehörigen Dokumente und Testberichte können nur geprüft und nachvollzogen werden, wenn bekannt ist, aus welchen Bauteilen, Substanzen oder Gemischen sich das Produkt zusammensetzt und wie es produziert wurde. Darüber hinaus können Sie viel Geld sparen, wenn Sie wissen, welche Substanzen in Ihrem Produkt vorkommen und welche eben nicht. Tests, die Ihre Produkte auf alle möglichen Substanzen hin überprüfen, können leicht ein Vielfaches von Tests kosten, die nur die relevanten Substanzen oder Stoffe analysieren. 

Oftmals können oder wollen Lieferanten und deren Vorlieferanten diese Informationen nicht preisgeben. Für Sie führt allerdings an diesen Informationen kein Weg vorbei, um eine aussagefähige Dokumentation zu gewährleisten und Geld zu sparen. Als Inverkehr-Bringer ist es Ihre Aufgabe, sich um die Bill of Substances und die Bill of Material zu kümmern.

Sie möchten mehr darüber erfahren, welche Dokumente Sie im internationalen Einkauf berücksichtigen müssen? Unser Produkt Compliance Check ist die Lösung.

Tipp 3: Überprüfen Sie die Vollständigkeit und Richtigkeit der Dokumentation für Produkte und einzelne Lieferungen.

Die meisten neueren EU-Richtlinien (z.B. Niederspannungsrichtlinie, EMV-Richtlinie, RED, …) fordern für die Vermarktung von Produkten umfangreiche technische Unterlagen. Diese müssen belegen, dass die jeweiligen Produkte die betreffenden produktspezifischen Anforderungen erfüllen. Hierzu gehören u.a. Fertigungszeichnungen und -pläne von Bauteilen, eine Risikoanalyse, eine Auflistung der angewendeten Normen sowie Prüfberichte.

Bei Produkten, die über einen längeren Zeitraum vermarktet werden (Serienfertigung) muss der Hersteller oder In-Verkehr-Bringer nach dem Produktsicherheitsgesetz „durch geeignete Verfahren gewährleisten, dass stets Konformität mit den Anforderungen sichergestellt ist“. Das bedeutet, dass Sie bei jeder Lieferung durch entsprechende Dokumente nachweisen können müssen, dass die betroffenen Produkte noch den Anforderungen entsprechen. Wenn sich Änderungen am Produkt ergeben (z.B. durch veränderte technische Spezifikation oder den Austausch von Bauteilen oder Komponenten), so müssen Sie prüfen, ob auch die veränderten Produkte den Anforderungen entsprechen und gegebenenfalls die Dokumentation erneuern.

Da Vorschriften und vor allem Normen regelmäßig „dem Stand der Wissenschaft und Technik“ angepasst werden, ist bei Serienfertigung ebenfalls sicherzustellen, dass Prüfungen, Tests und Dokumentation auch die jeweils aktuellen Vorschriften und Normen berücksichtigen. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass die Dokumentation auf Seiten der Unternehmen selten vollständig ist und im Fall einer Behördenprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit als nicht ausreichend beurteilt würde. Gerade derartige formale Mängel (formale Non-compliance) können zu Importverzögerungen führen oder mit Verkaufsverboten oder Bußgeldern belegt werden. Räumen Sie diesem Thema bei der Diskussion mit Lieferanten eine hohe Priorität ein!

Sie wollen mehr darüber erfahren, ob Ihre Dokumentation vollständig ist? Unser Produkt Compliance Check verschafft Ihnen Klarheit.

Tipp 4: Suchen Sie Lieferanten mit englischen Sprachkenntnissen in verschiedenen Funktionen

Eine für das Produkt Compliance Management nicht zu unterschätzende Gefahr liegt in der mangelnden Sprachkenntnis der zumeist asiatischen Lieferanten. In der Regel werden die ersten Gespräche und auch die Verhandlungen über Produkte und Konditionen mit den jeweiligen Sales-Verantwortlichen des Lieferanten geführt. Diese kennen zumeist die entsprechenden Produkte, Preise, und Lieferzeiten und sprechen einigermaßen gutes Business-Englisch für Diskussionen über diese Themen.

Aspekte, die für die Produkt Compliance eine hohe Bedeutung haben, wie z.B. die Bill of Material, Bill of Substances, Prüfberichte/Zertifikate zu europäischen Anforderungen oder Bescheinigungen zu REACH, haben bei den Sales-Verantwortlichen der Lieferanten in der Regel eine sehr geringe Priorität.

Teilweise werden diese Themen sogar bewusst vernachlässigt. Schließlich liegt die Kompetenz der Sales-Verantwortlichen und somit derjenigen, mit denen Sie als Käufer Kontakt haben, nicht in der Produkt Compliance. Das Know How zu diesen Themen liegt eher in den produktionsnahen Abteilungen des Lieferanten wie dem Einkauf, der Produktion oder dem Qualitäts-Management. Die dort verantwortlichen Personen sprechen aber in der Regel kaum Englisch und haben meist keinen Kundenkontaktl.

Für Sie als kaufendes Unternehmen ist es daher besonders wichtig, die Produkt Compliance-relevanten Themen von Beginn an in der Diskussion zu berücksichtigen und einen kompetenten, englischsprechenden Ansprechpartner für diese Themen einzufordern. Wenn die Verhandlungen erst einmal abgeschlossen sind und derartige Themen nicht berücksichtigt wurden, ist es später nahezu unmöglich, die erforderlichen Unterlagen und Dokumente für ein verkehrsfähiges Produkt zu erhalten.

Fordern Sie von Ihrem Lieferanten kompetente englischsprachige Personen aus Produktmanagement, Produktion oder Qualitätsmanagement, so dass Produkt Compliance Anforderungen direkt mit den wirklich verantwortlichen Personen besprochen werden können.

In unserem Produkt Compliance Workshop informieren wir Sie nicht nur über rechtliche Anforderungen zu Ihren Produkten, sondern auch über die vielfältigen „weichen Faktoren“, die es im Bereich des Produkt Compliance Managements zu berücksichtigen gilt.

Tipp 5: Halten Sie Produkt Compliance Anforderungen in Lieferanten-Verträgen fest.

Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, die Anforderungen an Produkt Compliance vertraglich abzusichern. Wie schon beschrieben fordert der Gesetzgeber eine umfangreiche Dokumentation und vielfältige Maßnahmen, damit nur sichere Produkte auf dem europäischen Markt vertrieben werden. Da sich aber die Anforderungen an Produkte je nach Produktkategorie stark unterscheiden und diese Anforderungen auch regelmäßig angepasst und verschärft werden, ist es gar nicht so einfach, hierfür entsprechende vertragliche Regelungen zu entwerfen.

Hinzu kommt, dass im internationalen Beschaffungsprozess auch zahlreiche andere Aspekte geregelt werden müssen (Produktqualität, Lieferzeiten, Exklusivitäten, Gewährleistung, …), so dass die Produkt Compliance-Anforderungen nicht losgelöst von anderen vertraglichen Inhalten gesehen werden können.

Ein zentrales Problem des internationalen Handels ist allerdings, dass Produkt Compliance-relevante Anforderungen so gut wie nie in Kauf- oder Lieferanten-Verträgen Berücksichtigung finden. Hier existiert ein beträchtliches Risiko: Wenn Ihre Produkte z.B. gegen chemikalien-rechtliche Vorschriften verstoßen, drohen Ihrem Unternehmen und den verantwortlichen Personen Bußgelder bis zu 100.000 € oder sogar Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren – auch wenn das Produkt tatsächlich gar nicht gesundheitsgefährdend ist.  .

Verhängen Behörden aufgrund fehlender oder falscher Dokumente Import- oder Verkaufsverbote und Sie haben keine Produkt Compliance-Regelungen in ihren Verträgen festgehalten, dann wird es sehr schwer, entstandene Schäden beim Lieferanten geltend zu machen. Zudem ist eine nachträgliche Beschaffung von Dokumenten oder Testberichten beim Lieferanten oft schwer möglich, so dass die Mängel entweder gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand beseitigt werden können.

Wenn es Ihre Verhandlungssituation erlaubt, empfehlen wir daher, Produkt Compliance Anforderungen gleichberechtigt neben anderen Regelungen in Vertragstexten zu berücksichtigen. Zudem sollten die Verträge so gestaltet sein, dass eine Erfüllung der produktspezifischen Voraussetzungen (Testberichte, Dokumente, …) die Voraussetzung für die Verschiffung und Bezahlung der Ware ist. Ein ideales Vertragswerk berücksichtigt zudem, dass die Anforderungen an die einzelnen Produkte regelmäßig aktualisiert werden können und eine entsprechende Dokumentation pro Lieferung verpflichtend ist.

Sie möchten Ihre Verträge verändern, sodass Sie hinsichtlich der Produkt Compliance-Anforderungen abgesichert sind? Kontaktieren Sie uns und profitieren Sie von unserem Know-how und unserer Erfahrung. In unseren Projekten arbeiten wir regelmäßig mit Anwaltskanzleien zusammen, die sich genau auf dieses Thema spezialisiert und mit uns gemeinsam entsprechende Lösungen entwickelt haben (Kontaktformular).

Unsere Tipps und Empfehlungen basieren auf unserer langjährigen Erfahrung und der Beratungspraxis aus über 50 Projekten. Da wir zudem für viele Kunden als ausgelagerte Produkt Compliance-Abteilung arbeiten, kennen wir die täglichen Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten sehr genau. Daher wissen wir: Die Kenntnis und Berücksichtigung von Produkt Compliance-Anforderungen schützt Sie vor teuren Konsequenzen und ist unerlässlich, um langfristig erfolgreich zu sein.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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