Nachdem im Januar 2023 fast 200 gefährliche Produkte im Safety Gate der Europäischen Union eingestellt wurden, gab es auch in den ersten zwei Februar Wochen schon wieder 77 Meldungen über Produkte, die mit Importverboten, Verkaufsstopps oder sogar Produktrückrufen belegt wurden. Die Produktgruppe mi den meisten Meldungen waren Schmuck, gefolgt von Elektroartikeln, Kosmetika und persönlicher Schutzausrüstung.
Das auch unter dem Namen Rapex-System bekannte Safety Gate ist das europäische Informationsaustausch-System, über das sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer gegenseitig über gefährliche Produkte informieren. Wenn Produkte in einem Mitgliedsstaat als gefährlich oder schädlich eingestuft werden, nehmen die nationalen Marktaufsichtsbehörden dies in der Regel zum Anlass, die Produkte auch in diesen Ländern vom Markt zu nehmen.
Acht der 13 beanstandeten Schmuckstücke stammten aus China, bei 4 Produkten war das Herkunftsland unbekannt. Viele der Produkte wurden auch online verkauft. Die Armbänder, Halsketten, Ohrringe und Ringe enthielten zu hohe Cadmiumkonzentrationen von 17,7 bis 87 (!) Gew.-%. Cadmium ist schädlich für die menschliche Gesundheit, weil es sich im Körper ansammelt, die Nieren und Knochen schädigen kann und Krebs verursachen kann. Die Produkte verstießen gegen die REACH-Verordnung
Abb. 1: Modeohrringe mit 87% Gew.% Cadmium
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10007692?lang=de, Datum: 09.02.2023, Sprache: Englisch
Im Bereich der Elektrogeräte und -zubehör wurden 3 Laserprojektoren, 2 Mehrfachstecker, eine Wandsteckdose, ein Spannungsprüfer, eine elektrische Heizung, eine Kochplatte, ein Wasserkocher, ein USB-Ladegerät und ein Akku-Staubsauger moniert
Bei den aus China stammenden drei Laserprojektoren war der Laserstrahl zu stark, was bei direkter Betrachtung des Laserstrahls zu Sehschäden führen kann. Die Produkte entsprachen weder den Anforderungen der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit noch der europäischen Norm EN 60825-1.
Auch ein Wasserkocher und eine elektrische Kochplatte wurden von den Marktaufsichtsbehörden aus Polen bzw. der Slowakei mit einem Produktrückruf und mit der Vernichtung der Ware belegt.
Der Wasserkocher konnte überhitzen und Verbrennungen oder Feuer verursachen. Darüber hinaus waren die Isolierung und der Schutz vor Wasser unzureichend. Stromführende Teile konnten zugänglich werden und der Benutzer könnte einen elektrischen Schlag erhalten.
Bei der elektrischen Kochplatte war die untere Abdeckung des Produktes nicht richtig mit der Schutzklemme verbunden. Auch fehlte den Erdungssystemen das flexible Element. Dies kann zu einem Risiko eines Elektroschocks führen.
Abb. 2: Elektrischer Wasserkocher mit Gefahr eines Elektroschocks
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10007730?lang=de, Datum: 09.02.2023, Sprache: Englisch
Die bemängelten 12 Elektroprodukte waren alle nicht konform mit den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und erfüllten nicht die europäischen Normen EN 60884-1, EN 60900, EN 60335-1 und EN 60335-2-9 bzw. EN 50075 und EN 62368-1.
Die Behörden in Schweden, Litauen, Niederlande und Österreich fanden in verschiedenen Kosmetikprodukten Inhaltsstoffe, die in Kosmetika verboten sind und die dazu führten, das die Produkte nicht der Verordnung über kosmetische Mittel entsprachen.
Bei einer Gesichtsmousse, einem Rasiergel und einer Hautcreme, alle aus Spanien, war nach der Liste der Inhaltsstoffe das Produkt Butylphenylmethylpropional (BMHCA) enthalten, das in kosmetischen Mitteln verboten ist. BMHCA kann das Fortpflanzungssystem schädigen, die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen und eine Hautsensibilisierung verursachen. Auch in zwei Parfümprodukten fanden die schwedischen Behörden BMHCA und lehnten die Einfuhr an der Grenze ab.
Abb. 3: An der Grenze abgelehntes Parfüm aus der Vereinigten Arabischen Emiraten
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10007822?lang=de, Datum: 09.02.2023, Sprache: Englisch
Die Marktaufsichtsbehörden aus Österreich ordneten zudem Produktrückrufe gegen zwei Haarfärbemittel aus Österreich und den Niederlande an. Ein Produkte enthielt lt. Liste der Inhaltsstoffe das Produkt Bariumperoxid, das in Kosmetika verboten ist und Barium freisetzt. Der letztgenannte Stoff wurde im Produkt gefunden (gemessener Wert: 7,8 % nach Gewicht).
Barium kann leicht absorbiert werden und hat toxische Auswirkungen auf den Körper, die Muskel-, Herz- und Nierenaktivität beeinträchtigen, was zu Arrythmie, Lähmung oder Magen-Darm-Veränderungen führt. Darüber hinaus enthielt das Produkt p-Phenylendiamin (PPD) (gemessener Wert: 12,64 Gew.-%) mit einem unzureichenden Kupplungsmittel. Entkoppelte PPD ist ein extremer Hautsensibilisator und kann allergische Kontaktdermatitis auslösen.
Das andere Produkt enthielt Natriumperborat (wie auf der Verpackung angegeben), das Bor freisetzt (gemessener Wert: 21,4 mg/kg). Zusätzlich enthielt das Produkt p-Phenylendiamin (PPD) (gemessener Wert: 12,76 % nach Gewicht). Die Einnahme oder der Kontakt mit einer übermäßigen Bormenge kann die Gesundheit schädigen, indem sie das Fortpflanzungssystem oder das ungeborene Kind schädigen. PPD ist ein extremer Hautsensibilisator und kann allergische Kontaktdermatitis auslösen
Einen weiteren Rückruf sprachen die bulgarischen Behörden gegenüber dem Hersteller eines E-Bikes der Marke Scott aus. Das Lenkrohr in der vorderen Gabel konnte brechen, was zu einem Sturz und schweren Verletzungen des Benutzers oder der Benutzerin führen konnte. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit.
Abb. 4: Gefährliches E-Bike der Marke Scott
Quelle: Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10007727?lang=de, Datum: 09.02.2023, Sprache: Englisch
Die von den Behörden erlassenen Maßnahmen sind für die betroffenen Unternehmen nicht nur äußerst kostspielig, sondern haben auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen zur Folge. Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote schon bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten.
Die meisten dieser Verkaufsverbote, Importverbote oder sogar Produktrückrufe hätten sich durch eine intensivere Beschäftigung mit den entsprechenden europäischen Vorschriften und Normen sicher vermeiden lassen und den jeweiligen Importeuren, Herstellern und Handelsunternehmen große finanzielle Schäden erspart. Daher empfehlen wir unseren Kunden, dem Produkt Compliance Management, stichprobenartigen Tests und vor allem einer vollständigen und zuverlässigen Dokumentation einen höheren Stellenwert beizumessen und Schäden in beträchtlicher Höhe abzuwenden