Rapex-Report am Donnerstag: 231 gefährliche Produkte im März – jedes dritte Produkt für Kinder 

Im März wurden insgesamt 231 gefährliche Produkte in das Safety Gate der europäischen Union eingestellt. Mehr als jedes dritte Produkt richtet sich dabei an Kinder. Betroffen waren 53 Spielzeuge, 15 Baby- und Kinderartikel sowie 20 Produkte aus dem Bereich Bekleidung, Textilien und Modeartikel, die explizit für Kinder waren. 

Neben diesen Kinderprodukten wurden von den europäischen Behörden auch verschiedene Kosmetika (27 Meldungen), Elektroartikel und Lichterketten (21 Meldungen), Schmuckstücke (15 Meldungen), chemische Produkte (8 Meldungen), Schutzausrüstungen (6 Meldungen) und Mobiliar (6) mit Verkaufsverboten oder sogar Produktrückrufen belegt.

Im Safety Gate, das auch unter dem Namen Rapex-System bekannt ist, informieren sich die Marktaufsichtsbehörden der Mitgliedsländer gegenseitig über gefährliche Produkte. Produkte, die von einem Mitgliedsstaat als gefährlich oder schädlich eingestuft werden, sollen so auch in den anderen Mitgliedsländern überprüft und gegebenenfalls vom Markt genommen werden. 

Spielzeuge mit den meisten Meldungen

Von den 53 Spielzeugen, die zu ca. 80 % aus China stammten, bargen 35 Produkte chemische und umweltbedingte Risiken, da die Migration von Bor viel zu hoch war (gemessene Werte bis zu 2025 mg/kg), übermäßige Konzentrationen von Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), Diisononylphthalat) (DINP) und Diizodecylphthalat (DIDP) aufwiesen (Messwert bis zu 0,28 %, 30 % bzw. 0,16 Gew.-%) oder sonstige giftige Chemikalien enthielten. Keines dieser Produkte erfüllte die REACH-Verordnung.

Abb. 1: Kinderschleim mit zu hoher Bor-Migration
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008108?lang=de, Datum: 04.04.2023, Sprache: Englisch

Bei weiteren 9 Produkten drohte die Gefahr des Erstickens, da sich keine Teile lösen konnten und Kinder diese verschlucken konnten. Ein Spielzeugtelefon konnte zu Gehörschäden führen, eine Spielzeugpistole zu Verletzungen wegen zu hoher kinetischer Energie.

Schädliche Kosmetika

Kosmetika wurden in zahlreichen europäischen Ländern untersucht und bemängelt. 11 Meldungen kamen aus Italien, 8 aus Rumänien und 4 aus Irland. Die gefährlichen Produkte reichten von Deodorants, Seifen oder Hautaufhellungscremes bis hin zu Feuchtigkeitscremes, Conditioner, Shampoo, Parfum und After Shave. Die Produkte enthielten übermäßige Konzentrationen an Wasserstoffperoxid, Fomaldehyd, Hydrochinon oder Butylphenylmethylpropional (BMHCA), das in kosmetischen Mitteln verboten ist.

Eine Seife war in Form eines roten und weißen Törtchens mit einer Kirsche auf der Oberseite gestaltet und wurde vor allem online verkauft. Aufgrund des charakteristischen Aussehens, der Form, der Farbe und der Größe kann dieses Produkt mit Lebensmitteln verwechselt werden. Ein kleiner Teil (Kirsche) kann sich leicht von ihm lösen. Ein kleines Kind könnte es in den Mund nehmen und ersticken. Das Produkt entsprach weder den Anforderungen der Lebensmittelnachahmungsrichtlinie noch der europäischen Norm EN 71-1 und die französischen Behörden ordneten die Rücknahme vom Markt und einen Produktrückruf an.

Abb. 2: Seife in Form von Törtchen
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008123?lang=de, Datum: 04.04.2023, Sprache: Englisch

Mobiliar mit Feuergefahr

Im Bereich des Mobiliars stammten drei gefährliche Produkte vom Handelshaus Habitat. Die irsichen Behörden bemängelten, dass verschiedene Sofas, Schlafcouches und Fußhocker zu leicht entzündbar und die Flammenausbreitung zu hoch waren. Der Bezugsstoff konnte Feuer fangen und sich schnell verbreiten. Die Produkte, die vor allem online verkauft wurden müssen vom Endverbraucher zurückgerufen werden.

Abb. 3: Sofas/Fußhocker mit zu geringem Flammschutz

Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008144?lang=de, Datum: 04.04.2023, Sprache: Englisch

Tragbarer Gasherd „Inferno“ mit Verbrennungsgefahr

Die deutschen Marktaufsichtsbehörden ordneten einen Rückruf für ein Produkt aus dem Bereich Gasverbrauchseinrichtungen an. Bei dem aus China stammenden Produkt, das auch online verkauft wurde, konnte die Gaskartusche durch die Hitze des Gasofens überhitzen. Dies erhöhte das Risiko von Verbrennungen für den Benutzer. Das Produkt mit dem treffenden Namen „Inferno“ erfüllte weder die Anforderungen der Verordnung über die Verbrennung gasförmiger Brennstoffe (GAR) noch der europäischen Norm EN 17476.

Abb. 4: Rückruf für einen tragbarer Gasherd mit Verbrennungsgefahr
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008109?lang=de,
Datum: 04.04.2023, Sprache: Englisch

Gefährliches Glaskeramik-Kochfeld aus der Türkei

Ein Glaskeramik-Kochfeld aus der Türkei wurde von den ungarischen Marktaufsichtsbehörden bemängelt und ebenfalls mit einer Rücknahme und einem Produktrückruf belegt. Aufgrund der Unregelmäßigkeit des im Gerät installierten Bauteils konnte es vorkommen, dass das Gerät nicht ausgeschaltet werden kann, was zu einer Überhitzung der Heizplatten führen kann. Infolgedessen kann der Benutzer Verbrennungen erleiden.
Das Produkt war nicht konform mit den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und der europäischen Norm EN 60335-2-6.

Abb. 5: Glaskeramik-Kochfeld
Quelle: Europäische Kommission, https://ec.europa.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport/alertDetail/10008326?lang=de,
Datum: 04.04.2023, Sprache: Englisch

Die von den Behörden erlassenen Maßnahmen sind für die betroffenen Unternehmen nicht nur äußerst kostspielig, sondern haben auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen zur Folge. Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote schon bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten. 

Daher empfehlen wir unseren Kunden, dem Produkt Compliance Management, stichprobenartigen Tests und vor allem einer vollständigen und zuverlässigen Dokumentation einen höheren Stellenwert beizumessen und Schäden in beträchtlicher Höhe abzuwenden

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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