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Urteil in Kalifornien: Amazon haftet für brennendes Hoverboard aus dem Marketplace

Inhaltsverzeichnis

In der letzten Woche wurde Amazon als Marketplace-Anbieter für ein defektes Produkt haftbar gemacht – bahnbrechend auch für den europäischen Markt und die kommende Marktüberwachungsverordnung?


Das kalifornische Berufungsgericht (Second Appellate District) hat am 26. April 2021 entschieden, dass Amazon für Verletzungen und Schäden einer Verbraucherin haftbar gemacht werden kann. Die Klägerin hatte im Jahre 2015 ein Hoverboard über den Marketplace bei Amazon gekauft.

Die Klägerin Kisha Loomis, kaufte das Produkt über den Amazon-Marktplatz. Dieser Online-Marktplatz führt sowohl Produkte von Amazon als auch solche, die von Dritten verkauft werden. In diesem Fall wurde das Hoverboard von einer chinesischen Firma mit dem Namen SMILETO verkauft und über Amazon beworben und ausgeliefert.

Kisha Loomis gab das Hoverboard an ihren Sohn, der es in ihrem Schlafzimmer zur späteren Benutzung auflud. Dabei fingen zunächst das Hoverboard und später das Schlafzimmer der Klägerin Feuer. Bei der Bekämpfung des Feuers erlitt die Klägerin Verbrennungen an Händen und Füßen. Sie verklagte daraufhin Amazon wegen Produkthaftung und Betrug. Amazon argumentierte, dass es nicht Teil der Vertriebskette für das fehlerhafte Hoverboard sei und daher nicht für die Verletzungen der Klägerin haftbar gemacht werden könnte.

Amazon haftet für Produkt aus dem Marketplace

Doch das Berufungsgericht entschied nun, im Frühjahr 2021, dass Amazon als Partei, für Verletzungen haften muss, welche durch Produktfehler verursacht wurden. Es begründete die Entscheidung damit, dass Amazon die Kontrolle über die Handelskette habe, ein integraler Bestandteil der Handelskette sei und aus dieser Position einen finanziellen Vorteil ziehe (Loomis v. Amazon.com LLC).

Dies ist nicht das erste Gerichtsverfahren dieser Art. Im letzten Jahr gab es einen ähnlichen Fall (Bolger v. Amazon.com LLC), in dem der kalifornische vierte Berufungsbezirk (ein Schwesternbezirk des oben genannten zweiten Berufungsbezirks), Amazon für einen defekten Laptop haftbar machte.

Dieser explodierte und die Verbraucherin zog sich Verbrennungen zu. Auch hier befand das Gericht, dass Amazon ein direktes Glied in der Vertriebskette sei, da Amazon den Laptop vom Verkäufer in Besitz nahm, ihn in einem Amazon-Lagerhaus lagerte, das Produkt auf der Plattform bewarb, die Zahlung für den Laptop entgegennahm und den Laptop in einer Amazon-Verpackung an Frau Bolger versandte.

Diese neuen Urteile aus den USA lassen sich natürlich nicht ohne weiteres auf Europa oder Deutschland übertragen. Allerdings zielt die neue europäische Marktüberwachungsverordnung, die ab Juli 2021 in Kraft tritt, in exakt die gleiche Richtung. Ein Produkt gilt schon dann als „auf dem Markt bereitgestellt“, wenn es online angeboten bzw. beworben wird und die Fulfillment Center können für Mängel verantwortlich gemacht werden, wenn kein anderer Marktakteur (Hersteller, Bevollmächtigter oder Importeur) vorhanden ist. Es dürfte so gut wie sicher sein, dass Marktplatzbetreiber wie Amazon den Themen Produktsicherheit, Produktkonformität und richtige Kennzeichnung der Produkte deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen müssen.

Dies hat auch starke Auswirkungen auf Händler des Marketplaces. Denn wenn Amazon Produkte stärker untersucht, kann man davon ausgehen, dass einige Produkte aufgrund fehlender Unterlagen oder Dokumentation vom Marktplatz ausgeschlossen werden und deutlich höherer Anforderungen an das FBA-Vertriebsmodell gestellt werden
Einen ausführlichen Beitrag zur neuen Marktüberwachungsverordnung finden Sie hier:

https://produkt-compliance.de/marktuberwachung/europaeische-marktueberwachungsverordnung-angriff-auf-amazon-co

Weitere Informationen zum Urteil finden Sie hier: https://www.natlawreview.com/article/another-court-gets-hover-board-online-marketplace-liability-defective-products#google_vignette

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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