Dass Produkte sicher sein sollen, ist längst bekannt. Und auch dass Produkte gewissen Vorschriften entsprechen und – je nach Produkt – unterschiedliche Gesetze und Normen einhalten sollen, wie z.B. das Produktsicherheitsgesetz. Zu den gesetzlichen Vorschriften zählt bei vielen Produkten auch die Pflicht der Anbringung eines CE-Kennzeichens, welches belegen soll, dass das Produkt ein klar definiertes Produktkonformitätsbewertungsverfahren durchlaufen hat und für das Produkt eine Konformitätserklärung erstellt wurde.
Hersteller und Importeure sind dazu verpflichtet, den verschiedenen Regelungen und Vorschriften Folge zu leisten und ihre Produkte auf diese hin zu prüfen. Bisher galt diese Pflicht vor allem für Hersteller, deren Bevollmächtigte, Importeuren und, in etwas abgeschwächter Form, Händlern. Doch die neue Marktüberwachungsverordnung ändert einiges. Durch diese werden nun auch Marktplatzbetreiber in die Pflicht genommen, für sichere Produkte zu sorgen.
Ein erstes bahnbrechendes Urteil in diese Richtung wurde am 24.6.2021 durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gefällt.
Die Klägerin produziert und vertreibt Schwimmscheiben, die alle vorgeschriebenen Angaben (CE-Kennzeichen, Marke, Sicherheitshinweise, Name und Anschrift) tragen.
Die Beklagte ist der Internetmarktplatz eBay, denn auf diesem wurden Schwimmscheiben aus China angeboten, welche nicht die zwingend notwendigen Aufdrucke trugen. Dies war bereits auf den Präsentationsbildern auf der Plattform zu erkennen. Auch eine EU-Konformitätserklärung oder eine Baumusterprüfbescheinigung für die Schwimmscheiben war nicht vorhanden.
Die Klägerin mahnte dies mehrmals schriftlich gegenüber eBay an.
Schließlich verklagte sie eBay auf Unterlassung. Das Landesgericht wies die Klage ab, doch vor dem OLG hatte die Berufung überwiegend Erfolg.
eBay hat es nun zu unterlassen, Angebote zu platzieren, auf deren Bildern schon zu erkennen ist, dass notwendige Angaben (wie CE-Kennzeichnung und Hersteller-Angaben) fehlen.
Auch das „notice and take down“-Prinzip reicht nicht mehr aus. Dieses beschreibt, dass eBay Angebote unverzüglich sperren muss, wenn eBay auf Rechtsverletzungen hingewiesen wird (wie es im vorliegenden Fall war). eBay muss nun auch „Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Verstößen der beanstandeten Händler-Accounts komme“ (Pressemitteilung des OLG).
Die daraus folgenden Prüfungspflichten sieht das OLG als zumutbar, weil die Produkte leicht identifizierbar seien und das Geschäftsmodell von eBay weder gefährdet noch unverhältnismäßig erschwert. Das OLG empfiehlt eBay eine Filtersoftware. Als nicht zumutbar sieht das OLG die Überprüfung, ob Kennzeichnungen zu Recht angebracht und Vorschriften hinsichtlich der Sicherheit tatsächlich eingehalten werden. Dies war jedoch auch kein Streitgegenstand in diesem Fall.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.
Auch wenn das Urteil noch nicht in engem Zusammenhang mit der Marktüberwachungsverordnung steht (das vorausgehende Urteil durch das Landesgericht Frankfurt am Main wurde am 16.10.2019 gefällt), sehen wir dieses Urteil als richtungsweisend für weitere Entwicklungen in diesem Bereich.
Wir können erwarten, dass uns ähnliche Urteile in Bezug auf eBay und Amazon noch öfter begegnen werden.