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UFI, SCIP & Lieferkettengesetz? Ab Januar 2021 gelten umfangreiche neue Informationspflichten für Hersteller und Importeure

Inhaltsverzeichnis

Wirtschaftliches Handeln bleibt in einer globalisierten Welt nicht ohne Folgen für Menschenrechte, Sozialstandards und die Umwelt. Diese Zusammenhänge sind längst erkannt und formuliert, etwa in den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen. Appelle an Unternehmen, ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung nachzukommen, die früher eher von Gewerkschaften, Kirchen und Umweltverbänden ausgingen, werden heute zunehmend auf politischer Ebene diskutiert und führen zu neuen gesetzlichen Vorgaben und Pflichten.

Auch in vielen Unternehmen wächst das Bewusstsein für die Auswirkungen der firmeneigenen Aktivitäten auf Menschenrechte und Umwelt. Kein Hersteller kann es sich mehr leisten, dass seine Produkte mit Kinderarbeit, inhumanen Arbeitsbedingungen, Pestiziden oder Giftmüll in Verbindung gebracht werden. Eine Vielzahl von Produktsiegeln für faire oder umweltgerechte Produkte sollen belegen, dass Produktion und Handel sich sozialen und ökologischen Fragen offen stellen.

Diese Verbraucher- und Umweltschutzanforderungen werden nun verpflichtend

Doch neben solchen freiwilligen Zertifizierungen kommen auf Unternehmen – ob Hersteller oder Inverkehrbringer – immer mehr verpflichtende Anforderungen zu. Dabei geht es nicht länger allein darum, Grenzwerte einzuhalten oder Produkte verbraucherfreundlich zu kennzeichnen. Unternehmen sollen darüber hinaus eine Verantwortung für die gesamten Wertschöpfungsketten ihrer Produkte übernehmen. Das reicht von den ersten Produktionsschritten – etwa in einem Niedriglohnland – bis zur späteren Entsorgung. Die Recyclingfähigkeit ausrangierter Produkte soll bereits bei der Produktentwicklung beginnen und Informationen für die Abfallentsorgung von möglicherweise relevanten Schadstoffen sollen bereits heute geliefert werden.
Insbesondere für als gefährlich erkannte Stoffe und Produkte kommen immer mehr Meldepflichten, Legalitätsnachweise und andere Restriktionen auf die Unternehmen zu. Zwar ist das für Deutschland geplante Lieferkettengesetz noch nicht verabschiedet, doch greifen bereits ab Januar 2021 neue Anforderungen auf europäischer Ebene, über die wir Sie im Folgenden informieren.

Diese neuen Anforderungen müssen Unternehmen ab Januar 2021 erfüllen

Aktuell hochrelevant sind für viele Unternehmen gleich mehrere neue Meldepflichten aus dem europäischen Chemikalien- und Abfallrecht. Sie gelten zum Jahreswechsel EU-welt, treffen nicht wenige Unternehmen unvorbereitet und führen derzeit zu viel Verwirrung und Verunsicherung. Dies betrifft die folgenden neuen Bestimmungen:

1) UFI: Meldepflicht und Produktcode für Gemische gemäß CLP-Verordnung

Ab dem 1.1.2021 gilt eine Meldepflicht für Gemische gemäß Anhang VIII der CLP-Verordnung (1272/2008/EG). Sie betrifft – bis auf wenige Ausnahmen – alle Gemische mit Gefahrenhinweisen. Unternehmen, die solche Gemische und die damit verbundenen Produkte in Verkehr bringen, sind verpflichtet, gesundheitsrelevante Informationen an die Europäische Chemikalienagentur ECHA zu liefern.
Mit der Meldepflicht gekoppelt ist die Pflicht, ab 2021 alle betroffenen Produkte mit einem Produkt- bzw. Rezepturidentifikator UFI (Unique Formula Identifier) zu kennzeichnen. Dieser UFI, ein 16-stelliger alphanumerischer Zeichencode, muss auf das Etikett gedruckt werden und mit „UFI“ eindeutig gekennzeichnet sein. Damit soll eine sichere Verbindung zwischen den bei der ECHA eingereichten Informationen und dem in Verkehr gebrachten Produkt gewährleistet werden.

Benachrichtigungsportal bei der ECHA für Anfragen der Giftnotrufzentralen

Hintergrund dieses – für betroffene Unternehmen nicht unerheblichen Aufwands – ist ein im Aufbau befindliches Benachrichtigungsportal bei der ECHA, welches künftig Anfragen der nationalen Giftnotrufzentralen bedienen soll. Ziel ist, die nationalen Behörden, insbesondere die Giftinformationszentren (Poison Centres), stets mit aktuellen Daten auszustatten. Damit soll gewährleistet werden, dass in Notfällen Rettungskräfte und medizinisches Personal auf einheitlicher Basis stets mit aktuellen und zuverlässigen Informationen versorgt werden können. Hat etwa ein Kind eine Haushaltschemikalie geschluckt, genügt die Angabe des UFI-Codes, um alle relevanten Daten zur Giftigkeit der darin enthaltenen Substanzen und somit zu einer zeitnahen und angemessenen Behandlung abzurufen.

Indem dieser Ansatz EU-weit ein einheitliches Datenformat auf der Basis von XML vorschreibt, soll er zudem das Inverkehrbringen von Produkten erleichtern. Denn ein Hersteller kann mit einem einzigen zeitgleichen Einreichen über das sogenannte Submission Portal für gesundheitsgefährliche Produkte in seinem ECHA-Account seine Pflicht für alle Mitgliedstaaten erfüllen, statt sein Produkt bzw. Gemisch in allen 27 EU-Staaten einzeln melden zu müssen.

Daten müssen aktuell gehalten werden

Wichtig zu wissen aus Sicht von Herstellern oder Inverkehrbringern ist: Sobald sich die Rezeptur bzw. die Zusammensetzung eines Gemischs verändert, wird ein neuer UFI benötigt. Auch bei neu erkannten Gefährdungen oder neuen Erkenntnissen zur Toxikologie eines Gemischs oder zur Gesundheitsgefährlichkeit eines Bestandteils muss die dazugehörige Meldung in der Datenbank aktualisiert werden.
Ausnahmeregelungen gelten für gefährliche Gemische zur industriellen Verwendung. Hier kann die Mitteilung verkürzt werden, aber es müssen Kontaktdaten angeben werden inklusive einer E-Mail-Adresse und einer rund um die Uhr erreichbaren Telefonnummer. Für diese Gemische gilt eine verlängerte Frist zur Umsetzung der neuen Anforderungen bis zum Stichtag 1.1.2024.

2) SCIP: Meldepflicht für Erzeugnisse mit SVHC-Stoffen

Ab dem 5.1.2021 greift eine Meldepflicht für Erzeugnisse mit SVHC-Stoffen. Dies betrifft Stoffe, die

  • auf der Kandidatenliste gemäß Art. 95 der REACH-Verordnung (1907/2006/EU) stehen und
  • in einem Erzeugnis in einer Konzentration von mehr als 0,1 Massenprozent (w/w) vorkommen.

Beide Kriterien müssen gleichzeitig erfüllt sein.
Bei dieser sogenannten SCIP-Meldung geht es um die „Substances of Concern In Products“ (SCIP), wobei sich das „concern“ auf SVHC-Stoffe (Substances of Very High Concern) gemäß REACH bezieht. Mit SVHC werden Stoffe bezeichnet, die laut REACH aufgrund ihrer gefährlichen Eigenschaften als besonders besorgniserregend gelten. Entscheidend ist, dass ein Stoff auf die Kandidatenliste nach Art. 59, Abs. 10 der REACH-Verordnung gesetzt wird. Sobald ein Stoff in diese Kandidatenliste aufgenommen wurde, ergaben sich für Hersteller und Lieferanten vor allem bei Gemischen schon bislang weitreichende Verpflichtungen (z. B. Mitteilung an die ECHA, Aktualisierung des Sicherheitsdatenblatts) .

Produkte müssen in die SCIP-Datenbank der ECHA eingetragen werden

Dazu kommt nun eine Meldepflicht für alle Erzeugnisse, welche einen dieser SVHC-Stoffe ab einer bestimmten Konzentration enthalten. Betroffene Unternehmen müssen gefährlichkeitsrelevante Informationen in die SCIP-Datenbank der ECHA eingehen. Das dazu verwendete XML-Format ist kompatibel mit IUCLID (International Uniform Chemical Information Database), einer von der ECHA in Zusammenarbeit mit der OECD entwickelten Software zur Harmonisierung chemischer Datensätze. Rechtsgrundlage der SCIP-Datenbank ist die europäische Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG (Art. 9, Abs. 1i und Abs. 2).
Die SCIP-Meldepflicht für SVHC-haltige Erzeugnisse betrifft auch Distributoren, die Produkte lediglich „unverändert weiterverkaufen“. Diese dürfen jedoch vereinfachte Meldungen in die SCIP-Datenbank eingeben, sogenannte „Simplified SCIP Notifications“ (SSN).
Die SCIP-Datenbank soll somit sämtliche relevanten Daten zu SVHC-Stoffen in Erzeugnissen an zentraler Stelle sammeln. Mittelfristig soll die Meldepflicht nach SCIP als Informationsbasis für die Entsorgungsbranche dienen und die Kreislaufwirtschaft fördern.
Neben den Behörden und Entsorgungsbetrieben soll die Datenbank auch Verbrauchern zugänglich gemacht werden, so dass diese sich umfänglich über enthaltene SVHC-Stoffe in Produkten informieren können.

3) Bombenbau erschweren – Meldepflicht für verdächtige Transaktionen

Ebenfalls zum Jahreswechsel 2020/2021 kommt eine Meldepflicht für verdächtige Transaktionen im Zusammenhang mit Substanzen, die zum Herstellen von Explosivstoffen verwendet werden können. Ziel ist, das Erwerben von Stoffen und Gemischen zu erschweren, mit denen Bomben gebaut werden könnten.
Rechtsgrundlage dieser Meldepflicht ist die Verordnung 1148/2019/EU über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe. Sie gilt für alle Wirtschaftsakteure, auch Privatpersonen, die Ausgangsstoffe für Explosivstoffe herstellen, importieren, in Verkehr bringen, damit handeln oder sie auf andere Weise abgeben.

Verfügbarkeit einschränken und Lieferketten nachvollziehen

Alle EU-Staaten sind verpflichtet, Kontaktstellen einzurichten, an welche verdächtige Transaktionen gemeldet werden sollen. Als verdächtig einzustufen wäre es z. B., wenn ein Kaufinteressent keine klaren und nachvollziehbaren Angaben zur Verwendung machen kann, wenn die gewünschten Mengen oder Konzentrationen ungewöhnlich hoch sind, wenn die Identität des Käufers unklar bleibt oder wenn dieser hohe Kaufbeträge in bar bezahlen will. Auch der Diebstahl von Ausgangsstoffen, die für eine unrechtmäßige Herstellung von Explosivstoffen missbraucht werden könnten, soll gemeldet werden. Mit diesen Vorgaben soll zum einen die Verfügbarkeit betroffener Stoffe und Gemische eingeschränkt werden, zum anderen sollen die Lieferketten für diese heiklen Materialien transparenter werden.

Lieferkettengesetz soll unternehmerische Sorgfaltspflichten gesetzlich verankern

Unabhängig von diesen EU-weiten Vorgaben wird in Deutschland seit Monaten um das sogenannte „Sorgfaltspflichtengesetz“ oder „Wertschöpfungskettengesetz“, besser bekannt als Lieferkettengesetz, gerungen. Das umstrittene Gesetzesvorhaben ist Bestandteil des Koalitionsvertrag von 2018 und soll dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen, etwa Kinderarbeit und Armutslöhne, zu verhindern. Auch auf EU-Ebene ist ein solcher Gesetzesentwurf in Arbeit.
Schon bislang musste sich jeder Wirtschaftsakteur nicht nur fragen, welche Stoffe in den von ihm hergestellten, eingeführten oder vertriebenen Produkten enthalten sind, sondern auch, welche Auswirkungen dies auf Gesundheit und Sicherheit der Nutzer sowie auf die Umwelt hat. Je nach Gefährdung und Produktart fließen die Antworten auf diese Fragen in spezifische Vorgaben zur Produktkennzeichnung ein. Der Grundgedanke hinter dem Lieferkettengesetz ist, diese Überlegungen auf den gesamten Lebenszyklus eines Produkts auszuweiten, d.h. von der Produktentwicklung bis hin zur Entsorgung.

Das Lieferkettengesetz hat viele Befürworter – aber auch Gegner

Befürworter des Lieferkettengesetzes fordern, dass Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltstandards rechtliche Konsequenzen haben müssen, und zwar auch dann, wenn sie „weit weg“ bei einem Zulieferer in einem Niedriglohnland geschehen. Gerade große und international agierende Unternehmen sollen sich aktiv darum kümmern, dass bei Ihren Lieferanten und Vorlieferanten Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Das Lieferkettengesetz soll diese sogenannten unternehmerischen Sorgfaltspflichten gesetzlich verankern.
Vonseiten deutscher Unternehmen kommt Zustimmung, aber auch heftige Kritik. Während einige Konzerne wie Aldi, Hapag-Lloyd, Rewe, Tchibo oder Vaude ein europäisches Lieferkettengesetz begrüßen, äußern sich andere Unternehmen ablehnend. Das am häufigsten genannte Gegenargument lautet, dass kein Unternehmer in komplizierten globalen Wertschöpfungsketten sämtliche Akteure in seinen Lieferketten im Detail kennen könne. Die geplanten Anforderungen seien somit unpraktikabel und nicht umsetzbar.

Transparenz in globalen Wertschöpfungsketten

Vor einem weiteren Hintergrund betrachtet ist das Lieferkettengesetz Teil einer Entwicklung zu mehr Transparenz und Sorgfalt in Wertschöpfungsketten, die längst begonnen hat. Kriterien wie Nachhaltigkeit und Fairness sollen in Beschaffungsprozesse einfließen, die Auswahl von Lieferanten verantwortungsvoller werden.
Damit wird das Risikomanagement nicht nur für international agierende Konzerne, sondern auch für viele Mittelständler immer komplexer. Denn einige regulatorische Instrumente auf europäischer Ebene wurden bereits implementiert, andere greifen in Kürze oder sind in Arbeit.

CSR-Richtlinie, European Timber Regulation und Konfliktmineralienverordnung

Zu nennen ist hier die CSR-Richtlinie (2014/95/EU), die Berichts- und Offenlegungspflichten für soziale und umweltbezogene Aspekte der Unternehmensaktivitäten mit sich brachte. In Deutschland wurde sie durch das seit 2017 greifende CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz in nationales Recht überführt. Betroffen sind Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen.
Die Forderung nach Transparenz steht auch hinter der European Timber Regulation (EUTR). Diese europäische Holzhandelsverordnung (2010/995/EU) verpflichtet jeden Akteur, der Holz oder Holzprodukte in der EU auf den Markt bringt, deren legale Herkunft nachzuweisen. Über verpflichtende betriebliche Maßnahmen zur Informationsbeschaffung, Risikoanalyse und Risikominderung soll somit der illegale Holzeinschlag eingedämmt werden. In das deutsche Recht umgesetzt wurde die EUTR durch das Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG) von 2011.
Ab 2021 greift zudem die Konfliktmineralienverordnung (2017/821/EU). Sie betrifft die Einfuhr von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten und damit alle Unternehmen, in deren Lieferketten diese Metalle bzw. deren Mineralerze eine Rolle spielen. Ziel dieser Verordnung ist, zu verhindern bzw. zu erschweren, dass mit den Gewinnen aus dem Verkauf erzhaltiger Mineralien bewaffnete Konflikte finanziert werden. Auch hier zeigt sich deutlich der Wille zu mehr Transparenz im internationalen Handel. Ein Durchführungsgesetz zur europäischen Konfliktminerale-Verordnung trat in Deutschland am 7. Mai 2020 in Kraft.

Unternehmen im Spagat zwischen Informationslücken und Meldepflichten

Die oben genannten Ansätze gehen zweifellos in die richtige Richtung. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass alle Möglichkeiten, effizient gegen Kinderarbeit und Armutslöhne, illegale Waldrodung oder giftige Abfälle vorzugehen, genutzt werden sollten. Ebenso unstrittig ist, dass bei den Anstrengungen für sichere, sozialverträglich hergestellte und nachhaltige Produkte auch Hersteller, Importeure und Inverkehrbringer in der Pflicht stehen. Wirtschaft und Handel können sich nicht dem Anspruch entziehen, ihren Teil zum Schutz von Gesundheit und Umwelt beizutragen und eine Transparenz über verwendete oder gehandelte Rohstoffe, Materialien und Zwischenprodukte ist dabei von zentraler Bedeutung.

Auch die neuen Meldepflichten könnten sich aus der Sicht von Verbraucher- und Umweltschutz mittelfristig als wirkungsvoll erweisen. Wirkungsvoller bei Vergiftungen vorzugehen (per UFI-Codierung), Recycling und Kreislaufwirtschaft zu fördern (SCIP-Datenbank) oder den Bau von Bomben zu erschweren, dürfte von der überwiegenden Mehrheit aller EU-Bürger begrüßt werden.

Auf Unternehmen kommt viel Arbeit zu

Doch offen gesagt werden muss an dieser Stelle auch, dass die neuen (und noch kommenden) Anforderungen für viele Unternehmen eine gewaltige Anstrengung bedeuten. Insbesondere zu den akuten Meldepflichten zu Gemischen (UFI) und Erzeugnissen (SCIP) ist derzeit viel Verunsicherung und Verwirrung zu spüren. Denn der Aufwand für ein rechtssicheres Einpflegen der jeweils erforderlichen Daten ist hoch und trifft manches Unternehmen unvorbereitet. Je nach Spektrum und Komplexität seiner Produkte muss ein Hersteller eine Vielzahl an Einträgen vornehmen. In Bezug auf SCIP rechnen Branchenverbände wie der VDMA, ZVEI und bitkom mit erheblichen Belastungen gerade für mittelständische Betriebe. Denn insbesondere durch die Aufnahme von Blei auf die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC-Liste) sind der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Elektro- und Elektronikindustrie stark betroffen.
Aus Unternehmenssicht sind die wachsenden Anforderungen derzeit nur schwer zu erfüllen. Zum einen sind viele entscheidende Informationen nur von der ECHA zu erhalten und liegen meist nur auf Englisch vor. Eine konkrete Unterstützung zum operativen Vorgehen ist auf nationaler Ebene rar. Zum anderen befinden sich die neuen Plattformen und Datenbanken noch im Aufbau. Die SCIP-Datenbank z. B. existierte bis Ende Oktober lediglich als Test-Version.

Nur wer die Inhaltsstoffe seiner Gemische bzw. Produkte kennt, kann seine Meldepflichten rechtssicher erfüllen

Noch deutlich brisanter als diese „erschwerten Startbedingungen“ ist jedoch ein anderer Aspekt: Viele Unternehmen sind derzeit gar nicht in der Lage, die anstehenden neuen Informationspflichten rechtssicher zu erfüllen, weil sie – vor allem bei Nonfood-Konsumgütern – gar nicht sämtliche Inhaltsstoffe ihrer Produkte im Detail kennen. Betroffenen Unternehmen ist es somit schlichtweg unmöglich, den neuen Datenbanken und Portalen die geforderten Informationen rechtzeitig zu liefern. Allein um alle notwendigen Daten von Lieferanten zu erhalten, dürfte es „zu einem sehr aufwändigen und langwierigen Prozess zur Kommunikation von Materialdaten entlang der Lieferketten kommen“, befindet auch der VDMA. Dazu kommt der nicht zu unterschätzende personelle Aufwand für das Befüllen etwa der SCIP-Datenbank und das Pflegen der Einträge.
Positiv zu sehen ist jedoch, dass die aktuell neuen Anforderungen direkt auf europäischer Ebene umgesetzt werden und betroffene Unternehmen nicht in jedem einzelnen EU-Staat dessen womöglich eigenständigen Regularien und Prozedere umsetzen müssen. Dass eine solche EU-weite Koordination auch auf technischer Seite kaum von heute auf morgen perfekt und voll funktionsfähig implementierbar ist, ist einerseits nachvollziehbar. Die aktuelle Situation – wenige Wochen vor den entscheidenden Stichtagen – löst aber auch die Frage aus, ob und wie Fristverlängerungen die schwierige Situation aus Unternehmenssicht erleichtern könnten.

Rechtssicher agieren bedeutet die Meldepflichten einzuhalten

Aktuell weisen jedoch alle Zeichen darauf hin, dass an den oben genannten neuen Vorgaben nicht zu rütteln ist. Die Meldepflichten bezüglich gefährlicher Gemische und UFI-Codierung sowie zu SVHC-Stoffen in Erzeugnissen muss somit zeitnah erfüllen, wer weiter rechtssicher auf dem europäischen Markt aktiv sein will.

Das empfehlen wir

Aus unserer langjährigen Erfahrung als Berater für Produkt-Compliance empfehlen wir allen betroffenen Unternehmen,

  • sich intensiv damit zu beschäftigen, wohn sie welche Daten liefern müssen.
  • von ihren Lieferanten unverzüglich alle relevanten Informationen über Bauteile und Materialien bzw. darin enthaltene gesundheitsgefährliche Stoffe anzufordern.
  • einen ECHA-Account anzulegen und sich mit dem Prozedere des Eintragens und Pflegens der Datensätze vertraut zu machen.

Der ECHA-Account bietet Zugriff sowohl auf das UFI-Submission-Portal wie die SCIP-Datenbank. Ob die Technik zum Jahreswechsel reibungslos funktioniert, wird man sehen. Unklar ist auch, wie die Behörden bei verzögerten oder nicht erfolgten Meldungen vorgehen werden. Wir raten Ihnen dringend, bis Anfang 2021 zumindest mit dem Eintragen erster Datensätze zu beginnen, entsprechende Software-Lösungen zu evaluieren oder externe Partner zu kontaktieren, die Sie hierbei unterstützen können.
Bedenken Sie auch, dass Sie die eingereichten Dossiers überarbeiten müssen, sobald sich ein Produkt oder gelieferte Komponenten und Materialien ändern. Auch werden erfahrungsgemäß immer wieder – oft mehrfach im Jahr – weitere Substanzen auf die SVHC-Kandidatenliste nach REACH gesetzt, deren Vorhandensein in Ihren Produkten dann zu prüfen ist. Analog benötigen Sie – sobald sich die Zusammensetzung eines Gemischs verändert – einen neuen UFI-Code. Damit ist das Eintragen in eine der relevanten Datenbank keine einmalige Aktion, sondern wird eine dauerhafte Aufgabe im Unternehmen bleiben. Bei allen damit verbundenen Planungen unterstützen und beraten wir Sie gern oder nehmen Ihnen die operativen Aufgaben ab. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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