Das Lieferkettengesetz soll für den Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards in der gesamten Lieferkette sorgen. Gerade größere Unternehmen haben bereits Verantwortliche oder ganze Abteilungen für eine sogenannte Corporate Social Responsibility (CSR) aufgebaut, für viele Unternehmen sind die vielfältigen Anforderungen des Lieferkettengesetzes aber eine große Herausforderung. Doch wie gut sind die Unternehmen im Allgemeinen auf das Lieferkettengesetz vorbereitet und was gedenken sie zu tun?
Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (LkSG) – kurz Lieferkettengesetz – tritt für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter/-innen zum 1.1.2023 in Kraft. Für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter/-innen gilt es ab dem 1.1.2024. Für die einen sind es also nur noch knapp 2 Monate, die anderen haben noch etwas mehr als ein Jahr Zeit.
Die SDZeCOM, einer der Pioniere von Lösungen für effizientes (Produkt)Datenmanagement, hat im August 2022 eine sehr interessante Studie zum Wissen und den Vorbereitungen für dieses Gesetz durchgeführt. Insgesamt haben über 80 Unternehmen aus Handel und Industrie aus der DACH-Region teilgenommen.
Der Kern des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes ist die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für umfassende Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte und Umweltstandards entlang der globalen Lieferkette. Hierzu müssen Unternehmen nicht nur über ein Risikomanagement verfügen, sondern auch regelmäßige Risikoanalyen für Ihre direkten Lieferanten durchführen.
Schwerpunkte des Gesetzes sind u.a. der Abbau von Zwangs- oder Kinderarbeit, das Verbot der Diskriminierung, die Vermeidung von Quecksilber oder die Kontrolle gefährlicher Abfälle
Die SDZeCOM hat die Ergebnisse der Umfrage ausgewertet und kommt zu sehr aufschlussreichen Ergebnissen.
Abb. 1: Kenntnis des neuen Lieferkettengesetzes
Quelle: https://www.sdzecom.de/wp-content/uploads/2022/09/MarktBlick_Lieferkettengesetz.pdf
Wirft man einen Blick auf die Grafik wird deutlich, dass
Abb. 2: Relevanz des neuen Lieferkettengesetzes
Quelle: https://www.sdzecom.de/wp-content/uploads/2022/09/MarktBlick_Lieferkettengesetz.pdf
Obwohl die meisten Unternehmen also noch recht ahnungslos sind, hat das neue Lieferkettengesetz für die befragten Unternehmen erhebliche Relevanz. Die Ergebnisse zeigen:
Abb. 3: Federführende Abteilungen zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes
Quelle: https://www.sdzecom.de/wp-content/uploads/2022/09/MarktBlick_Lieferkettengesetz.pdf
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen deutlich, dass der Einkauf in den befragten Unternehmen die Hauptverantwortung für die Umsetzung und Einhaltung des neuen Gesetzes trägt. Erst danach folgen Qualitätssicherung und Produktmanagement.
Abb. 4: Status der Vorbereitungen zum Lieferkettengesetz in Unternehmen
Quelle: https://www.sdzecom.de/wp-content/uploads/2022/09/MarktBlick_Lieferkettengesetz.pdf
Analysiert man die Ergebnisse, bei denen Mehrfachnennungen erlaubt waren, wird erkennbar, dass
Abb. 5: IT-Systeme zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes
Quelle: https://www.sdzecom.de/wp-content/uploads/2022/09/MarktBlick_Lieferkettengesetz.pdf
Die bevorzugte IT-Lösung zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes ist für die meisten Unternehmen die (vorhandene?) ERP-Lösung oder eine völlig neuartige Lösung.
Die Studie ist unseres Wissens die einzige ihrer Art und mit über 80 Teilnehmern von erheblicher Relevanz. Fast ¾ der befragten Personen (72%) gaben an, dass sie wenig bis keinerlei Kenntnisse über das neue Lieferkettengesetz haben. Gleichzeitig sehen sie aber zu fast 60% eine hohe Relevanz in diesem Gesetz.
Die mangelnde Kenntnis könnte darin begründet liegen, dass die Ansprechpartner der SDZeCOM maßgeblich aus dem Marketing-Bereich kommen, da diese in erster Linie für das (Produkt-) Datenmanagement verantwortlich sind. Eine Befragung der Einkaufs- oder Qualitätsmanagement-Verantwortlichen hätte u.U. etwas andere Ergebnisse geliefert.
Dass über 30 % der Unternehmen das Projekt überhaupt noch nicht gestartet und /oder noch keine verantwortlichen Personen definiert haben, könnte teilweise darin begründet liegen, dass die Unternehmen noch nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Allerdings sollten auch kleinere Unternehmen sich dringend mit diesem Gesetz beschäftigen und entsprechende Vorbereitungen treffen, da spätestens ab 2025 durch die EU initiierte Vorschriften auch für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern gelten dürften.
Überraschend an den Ergebnissen ist, dass für fast 70 % der Befragten die IT keine oder eine geringe Relevanz hat. Das Lieferkettengesetz fordert neben einem Risikomanagement, regelmäßigen Risikoanalysen, auf einzelne Lieferanten ausgelegte Abhilfemaßnahmen und jährliche Reportings an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Wie diese Aufgaben ohne eine entsprechende IT-Unterstützung umgesetzt werden sollen, ist überaus fraglich.
Auch das Ergebnis, dass neben ERP-Systemen für über 34% der Befragten neue Systeme zum Einsatz kommen sollen, überrascht. Supply Chain Management Systeme sind für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes nahezu prädestiniert, werden von den Befragten aber nur zu 10% als mögliche Lösung benannt. Wir gehen aktuell davon aus, dass es hier an Wissen der Befragten mangelt und es diesbezüglich auch noch Aufklärungspotential durch die entsprechenden IT-Lösungsanbieter besteht.
Die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes wird für alle Unternehmen ein komplexes und zeitintensives Projekt, da viele Details im Gesetz recht vage formuliert noch nicht konkretisiert sind. Zudem ist für jedes Unternehmen ein individueller Lösungsansatz erforderlich, der auch im Zeitablauf immer wieder auf neue Anforderungen oder Situationen angepasst werden muss.
Für Unternehmen ist es essentiell notwendig, sich frühzeitig mit den anstehenden Herausforderungen auseinanderzusetzen und nach praktikablen und unternehmensspezifischen Lösungen zu suchen. Daher ist es auch für kleinere Unternehmen ratsam, sich so schnell wie möglich mit den gesetzlichen Anforderungen zu beschäftigen, die eigene Situation zu analysieren, entsprechende Maßnahmen zu planen und diese im eigenen Unternehmen Schritt für Schritt umzusetzen.