Produkt Compliance Prozess Management: Interne Optimierungen sind gut, reichen aber häufig nicht. Teil 2: Interne Strukturen und Prozesse

Inhaltsverzeichnis

Im ersten Teil unserer Magazin-Reihe haben wir über die grundsätzlichen Schwierigkeiten des Produkt Compliance Managements und den teils dramatischen Erfahrungen aus unserer Beratungspraxis gesprochen. Außerdem erklärten wir, dass Produkt Compliance Management aus zwei Säulen besteht: Einer internen und einer externen.

In Teil zwei der Reihe geht es nun um die internen Strukturen und Prozesse bei herstellenden oder importierenden Unternehmen:

Oft kommt es vor, dass das Produkt Compliance Management nur in der Verantwortung einer Abteilung liegt (z.B. Qualitäts-Management) bzw. diese die Federführung übernimmt. Hierdurch kann es leicht zu folgenden Problemfeldern kommen:

  • Durch mangelnde Kommunikation und Interaktion werden frühzeitige Weichenstellungen vernachlässigt (z.B. bei der Materialauswahl, der Einhaltung spezieller Vorschriften oder dem Wechsel von Lieferanten).
  • Input aus unterschiedlichen Abteilungen fließt nicht in den Gesamtprozess ein.
  • Die verantwortliche Abteilung ist oft chronisch unterbesetzt (z.B. soll ein QM 1.000 Produkte überwachen).
  • Die Verantwortlichen laufen Informationen aus anderen Abteilungen hinterher oder werden zu spät in bestimmte Prozesse eingebunden (z.B. beim Einkauf neuer Produkte).
  • Die Abteilungen sind als Stabsfunktion eingerichtet und haben keine Weisungsbefugnisse oder eine Kontrollfunktion den anderen Abteilungen gegenüber.
  • Die Verantwortlichen sind in der Regel fachlich versiert, es fehlt Ihnen aber oft an Durchsetzungsvermögen, Seniorität und Unterstützung aus der Geschäftsführung.

Gewachsene Strukturen und Prozesse erschweren die aktuelle Rechtskonformität

Zusätzlich zu den oben genannten Problemfeldern kommt ein historischer Aspekt: Gewachsene Prozesse, Aufgabenverteilungen und Abgrenzungen. Aus der Unternehmensentwicklung sind viele Prozesse und Aktivitäten so eingespielt, dass sie nicht mehr hinterfragt werden. Oft sind sie aber nicht geeignet, den veränderten Situationen (z.B. Wechsel von Lieferanten, neue Produkte, neue gesetzliche Anforderungen) effizient zu begegnen.

Einige Beispiele für kritische, aber immer wieder anzutreffende Einschätzungen und Verhaltensweisen in Unternehmen:

  • Wir brauchen die Produkte dringend und bestellen schon einmal – um die Dokumente kümmern wir uns später.
  • Der Kontakt zum Lieferanten liegt in der Hoheit des Einkaufs – Dokumente zur Produkt Compliance erhalten wir über den Vertrieb des Lieferanten.
  • Den Lieferanten kann man eh nicht trauen, daher lassen wir alle Produkte noch einmal in Europa testen.
  • Die rechtlichen Anforderungen an unsere Produkte recherchieren wir in unregelmäßigen Abständen selbst oder übernehmen die des Lieferanten.
  • Eine Bill-of-Material erhalten wir von unserem Lieferanten nicht, da dies zu seinen Betriebsgeheimnissen zählt – wir begnügen uns daher oft mit groben Informationen und vertrauen auf Eigenerklärungen der Lieferanten.
  • Die Lieferanten beliefern ja viele Unternehmen in Europa – die müssen ja wissen, welche Vorschriften und Normen in Europa gelten.
  • Bzgl. der Produktkonformität betrachten wir vor allem Produktgruppen oder Produktkategorien, da wir zu wenig Ressourcen haben, alle Einzelprodukte zu analysieren.
  • Wir schauen uns nur die Dokumente der CE-Erklärung an – nach Unterlagen zu REACH hat uns noch niemand gefragt.
  • Wir sind nicht in der Lage, die einzelnen Dokumente (Testberichte, Zertifikate) inhaltlich zu prüfen, da wir hierzu weder die Kompetenz noch die Zeit haben.
  • Der Lieferant hat bestätigt, dass er das Produkt seit der Bestellung vor einem halben Jahr nicht geändert hat – da benötigen wir keine neuen Prüfungen oder Dokumente.
  • Wenn wir das Golden Sample überprüft haben, können wir auch davon ausgehen, dass die gelieferten Produkte aus den gleichen Materialien hergestellt sind.

Produkt Compliance Management und Projektsteuerung – wer übernimmt die Verantwortung?

In dieser Situation hilft in der Regel nur eine sehr starke interne Persönlichkeit oder eine Unterstützung von außen. Natürlich kann man ein solches Projekt zur langfristigen Verbesserung der Produkt Compliance Situation auch durch interne Personen steuern lassen. Hierzu müssen aber die meisten der folgenden Fragen eindeutig mit Ja beantwortet werden können:

Haben die Projektleiter

  • ausreichend Zeit, sich neben den eigentlichen Aufgaben um dieses Projekt zu kümmern?
  • die notwendige Kompetenz und das notwendige Knowhow?
  • die interne Akzeptanz und auch Durchsetzungsstärke, um schwierige Themen anzugehen und sich auch gegen starke Persönlichkeiten durchzusetzen?
  • die Rückdeckung der Geschäftsleitung?
  • Erfahrung in der Moderation von Prozessen?
  • das Fingerspitzengefühl, widersprüchliche Interessen auszugleichen?
  • eine objektive und unvoreingenommene Sicht auf aktuelle Prozesse, Verantwortungen und notwendige Veränderungen?
  • Erfahrung in der Projektsteuerung?
  • eine gewisse interkulturelle Kompetenz, um auch ausländische Lieferanten gut einzubinden?
  • Erfahrung im Change-Management?

Externe Unterstützung zur Projektsteuerung – eine notwendige Lösung?

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass eine interne Projektsteuerung gerade im Bereich der Produkt Compliance sehr oft scheitert und die Projekte nach einer gewissen Zeit eher im Sande verlaufen. Mehr Erfolg verspricht in aller Regel eine Unterstützung durch erfahrene Berater, die als Projektleiter oder sogar als Interim-Manager fungieren. Durch sie erhält das Unternehmen nicht nur fachliche und prozessuale Kompetenz, sondern auch die Erfahrung, die die externen Berater in anderen Branchen oder Unternehmen gesammelt haben (Best Practice Sharing).

Der oder die Berater/innen steuern den Gesamtprozess in einem vorab erarbeiteten Zeithorizont, vermitteln Wissen durch Schulungen und Teamsitzungen an die Mitarbeiter, und beziehen das Knowhow und die Erfahrung der beteiligten Mitarbeiter bestmöglich mit ein. Sie haben keine Eigeninteressen in Bezug auf bestimmte Lösungsvorschläge, Prozesse oder Verantwortungen. Wenn Sie wissen wollen, wie wir, die trinasco GmbH, eine solche Projektsteuerung für Sie umsetzen könnten, kontaktieren Sie uns.

Abbildung 4: 4 Stufen zur erfolgreichen Produkt Compliance  

 

Fehlende Produkt Compliance Management Tools

Produkt Compliance Management ist ein sehr spezielles Aufgabengebiet, das nicht allzu viele Überschneidungen zu anderen Funktionsbereichen hat. Daher existieren auch nur wenige Tools, welche die anfallenden Aufgaben möglichst umfassend betrachten und in einem geordneten Prozess abbilden. In vielen Software-Lösungen für Unternehmen werden zwar bestimmte Dokumenten-Management-Module mit angeboten, diese sind aber oft zu statisch und werden den dynamischen Anforderungen des Produkt Compliance Managements nicht gerecht.

Die bestehende Rechtskonformität eines Produktes ist immer nur eine Momentaufnahme mit oft geringer Haltbarkeit. Sie muss aufgrund rechtlicher Änderungen oder auch kleinerer Änderungen am Produkt (andere Materialien, andere Bauteile, andere Produktionsverfahren, …) regelmäßig neu analysiert und u.U. aktualisiert werden. Produkt Compliance Management Systeme sind auf diese Eigenheiten spezialisiert. Dadurch sind sie den Standardlösungen der großen ERP-Anbieter deutlich überlegen, um die komplexe Aufgabenstellung überhaupt erledigen und zudem effizient und zeitsparend agieren zu können.

Abbildung 5: Produkt Compliance Management-Tool und Prozess-Beratung

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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