Im Einkauf wird das Geld verdient – so eine alte Kaufmannsweisheit. Natürlich ist der Einkaufspreis für Produkte ein entscheidender Faktor für die Profitabilität des Unternehmens und auch den Erfolg der Einkaufsabteilung.
Allerdings werden niedrige Einkaufspreise oft kompensiert durch schlechtere Qualität, schlechtere Serviceleistungen oder auch die schlechte (oder gar nicht vorhandene) Dokumentation der entsprechenden Produktanforderungen.
Gerade die formale Prüfung der Produktkonformität ist aber für viele Behörden der einfachste Weg, Produkte mit Verkaufsverboten zu belegen oder teure Zusatzaufwendungen zu verhängen. Ein günstiger Einkaufspreis wird somit zu einem teuren Vergnügen für Ihr Unternehmen und die Verantwortlichen im Einkauf.
Allerdings ist es für Sie als Einkäufer alles andere als einfach, die jeweiligen produktspezifischen Anforderungen zu kennen und diese in den Einkaufsprozess zu integrieren. Dies vor allem dann, wenn es sich um neue und innovative Produkte handelt.
Vielleicht helfen Ihnen diese 9 Tipps dabei, das Thema Produkt Compliance und Produktkonformität als einen gleichberechtigten Faktor bei Ihren Einkaufsverhandlungen zu berücksichtigen und gemeinsam mit dem Qualitätsmanagement für eine effiziente und zielgerichtete Kommunikation mit Ihren Lieferanten zu sorgen.
9 Produkt Compliance Tipps für Einkäufer*innen
Beziehen Sie die Faktoren „Erfüllung der Produkt Compliance Anforderungen“ und deren „aktuelle und vollständige „Dokumentation“ explizit in Ihren Kriterienkatalog zur Auswahl von Lieferanten mit ein. Die beiden Kriterien sollten einen ernstzunehmenden Einfluss auf die finale Entscheidung haben oder sogar ein Ausschlusskriterium sein.
Bilden Sie eine Produkt Compliance-Prioritätsliste Ihrer Produkte und gewichten die genannten Faktoren in Abhängigkeit Ihres Compliance-Risikos. Nicht alle Produkte haben das gleiche Risiko, so dass anderen Faktoren (Preis, Lieferzeit, Originalität, …) ein deutlich höheres Gewicht beigemessen werden kann.
Erstellen Sie aktuelle Produkt Compliance Anforderungslisten für die jeweiligen Produkte oder Produktgruppen und informieren Sie Ihre Lieferanten frühzeitig, dass diese einen zentralen Einfluss auf die Auswahl der Lieferanten und die Bestellung haben. Die Anforderungslisten sollten Sie mindestens jährlich einer Prüfung unterziehen.
Fordern Sie schon früh in den Verhandlungen Unterlagen von aktuellen und vergleichbaren Produkten an und begutachten Sie diese mit ihrem Qualitätsmanagement oder externen Experten. Wenn Sie bei vergleichbaren Produkten gravierende Mängel feststellen, sollten Sie damit rechnen, dass es auch bei Ihren Produkten zu Diskussionen und unvollständigen Dokumentationen kommen könnte.
Binden Sie insbesondere bei neuen Produkten oder neuen Produktkategorien das Qualitätsmanagement oder externe Experten frühzeitig mit ein. So können Sie sicherstellen, dass die maßgeblichen gesetzlichen Anforderungen aus verschiedenen Ländern von Beginn in die Produktkonzeption und die Diskussion mit den Lieferanten mit einfließen.
Berücksichtigen Sie in Ihren Kalkulationen und Verhandlungen die Kosten für Produkttests, Materialprüfungen und Zertifizierungen Ihrer Lieferanten. Nur wenn dem Lieferanten von Beginn an klar ist, bei welchen Produkten/Materialien Sie Tests und entsprechende Dokumentationen verlangen, werden die Tests auch einkalkuliert und gemacht. Dies gilt vor allem auch für Serienprodukte, bei denen regelmäßige Tests der Produkte, Bauteile und Materialien vereinbart werden sollten.
Berücksichtigen Sie in Ihren Einkaufs- oder Lieferantenverträgen die Erfüllung der vereinbarten Produkt Compliance Anforderungen und machen Sie die Bezahlung von der entsprechenden Dokumentation abhängig
Priorisieren Ihre Lieferanten auch aus der Sicht der Produkt Compliance. Wenn ein Lieferant Ihnen mehrere Produkte liefert, so ist es einfacher, mit diesem über Ihre Anforderungen zu verhandeln und ihn entsprechend zu schulen. Wenn der Lieferant Ihre Anforderungen für ein Produkt umsetzt, tut er dies in der Regel auch für die anderen Produkte und Sie erhalten für den gleichen Aufwand ein breiteres Spektrum an rechtskonformen Produkten.
Arbeiten Sie langfristig mit Ihren Lieferanten zusammen und schulen Sie diese bzgl. der von Ihnen zu erbringenden Produkt Compliance-Maßnahmen und -Unterlagen. In der Regel dauert es eine gewisse Zeit, bis Lieferanten die recht komplexen rechtlichen Anforderungen verstanden und für alle Produkte verinnerlicht haben. Ein Lieferanten-Hopping wegen weniger Cent pro Produkt erschwert den Aufbau einer effizienten Zusammenarbeit in diesem Bereich, kostet vor allem Sie wertvolle Zeit und erhöht Ihr Risiko beträchtlich