Rapex-Report am Donnerstag: Wieder 50 gefährliche Produkte in einer Woche – Fahrrad mit lockeren Speichen, Kinderspielplätze mit überhöhten PAK-Werten

Auch in der letzten Woche haben die europäischen Marktaufsichtsbehörden fast 50 verschiedene Produkte zurückrufen lassen oder mit Verkaufsverboten belegt. Besonders auffällig waren Ende März Produkte für Kinder (Spielzeuge, Kinderlampen, Sicherheitstore) und Schmuckstücke. Die betreffenden Produkte müssen nun in allen EU-Staaten vom Markt genommen

Von den Marktaufsichtsbehörden in Frankreich wurde ein Fahrrad der Marke Gitane aus Bangladesh bemängelt. Die Speichen des Vorderrades könnten unzureichend angespannt werden. Hierdurch könnte der Benutzer das Gleichgewicht verlieren und stürzen, was zu schweren Verletzungen führen kann. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Allgemeinen Produktsicherheitsrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN ISO 4210-2. Der Importeur muss kurzfristig Kontakt mit allen Käufern aufnehmen, so dass diese die Fahrräder zu Kontrollen an den Radspeichen zurückgeben können.

Bei sogenannten Fallschutzplatten aus Deutschland, die bevorzugt auf Kinderspielplätzen oder auch in Pflegeheimen eingesetzt werden, fanden die schwedischen Marktaussichtsbehörden übermäßige Mengen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), einschließlich Benzo(a)pyren und Benzo(e)pyren (gemessene Werte entsprechend 2,9 ppm und 2,3 ppm). PAKs sind krebserregend und sind in Artikeln eingeschränkt, die direkt mit der Haut in Berührung kommen. Das Produkt entsprach nicht der REACH-Verordnung.

Ein Sicherheitstor für Kinder aus Uruguay hatte kleine abnehmbare Kleinteile, an denen Kinder ersticken können. Das Produkt war nicht konform mit der einschlägigen europäischen Norm EN 1930. Ein Kinder-Bikini aus China hatte lange Funktionsstränge mit freien Enden im Nackenbereich. Diese Schnüre können sich während der verschiedenen Aktivitäten eines Kindes verfangen, was zu einer Strangulation führen kann. Das Produkt entspracht nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und der einschlägigen europäischen Norm EN 14682.

Bei einer Lampe aus China, die aufgrund Ihrer Gestaltung als Pandabär für Kinder attraktiv war (Stichwort child appealing) entdeckten die Marktaufsichtsbehörden in Polen, dass ein Transformator oder ein Konverter fehlte. Wenn ein Kind die ungeschützte heiße Oberfläche der Lampe berührt, kann es leicht zu Verbrennungen kommen. Zudem kann der Nutzer leicht stromführende Teile berühren und einen elektrischen Schlag erhalten.
Das Produkt widersprach den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 60598.

Neben den genannten Produkten tauchen im Safety Gate auch wieder 13 gefährliche Spielzeuge (Holzeisenbahn, Ballons, Puppen, …) auf. Bei 4 Produkten bestand die Gefahr des Erstickens durch blockierte Atemwege, die anderen 9 enthielten zu hohe Konzentrationen an giftigen Chemikalien (Nitrosamine und Phthalate).

Bei einem batteriebetriebenen Rennauto aus China fanden die Marktaufsichtsbehörden aus Tschechien übermäßige Mengen Blei (gemessener Wert: 150000 mg/kg) in den gelöteten Gelenken des Spielzeugs. Blei ist schädlich für die menschliche Gesundheit, sammelt sich im Körper an und kann zu Entwicklungsneurotoxizität führen.
Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie 2011/65/EU zur Beschränkung gefährlicher Stoffe (RoHS) und der einschlägigen europäischen Norm EN 62321-5.

Auch 11 verschiedene Schmuckstücke waren in der letzten Woche wieder mit zahlreichen gefährlichen Chemikalien belastet. In Broschen, Ringen, Hals- und Armbändern ermittelten die Marktaufsichtsbehörden aus Schweden deutlich zu hohe Mengen an Cadmium (in 10 Produkten) und Nickel (1 Produkt). Cadmium ist schädlich für die menschliche Gesundheit, weil es sich im Körper ansammelt, Nieren und Knochen schädigen kann und Krebs verursachen kann. Nickel ist ein starkes sensibilisierendes Mittel und kann allergische Reaktionen verursachen, wenn es in Artikeln vorhanden ist, die in direkten und längeren Kontakt mit der Haut kommen. Keines der Schmuckstücke entspracht der REACH-Verordnung.

Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote schon bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten. Die meisten dieser Verkaufsverbote, Importverbote oder sogar Produktrückrufe hätten sich durch eine intensivere Beschäftigung mit den entsprechenden europäischen Vorschriften und Normen sicher vermeiden lassen und den jeweiligen Importeuren, Herstellern und Handelsunternehmen große finanzielle Schäden erspart.

Wir raten daher unseren Kunden, dem Thema Produkt Compliance und Produktsicherheit eine größere Bedeutung beizumessen, um sich vor derartigen, oft existenzbedrohenden Situationen zu schützen.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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