Rapex-Report am Donnerstag: Kinderprodukte mit eklatanten Mängeln und Gefahren – Rückruf für defekte Klettersicherung – giftige Sportmaske von Under Armour

In der letzten Woche tauchen im Safety Gate der Europäischen Union gleich drei Kinderprodukte auf, die aufgrund fehlerhafter Produktkonzeptionen oder Fabrikationsfehlern zu erheblichen Verletzungen für Kinder führen können. Die Produkte wurden mit Verkaufsverboten oder sogar Produktrückrufen belegt und dürfen nun in keinem europäischen Mitgliedsstaat vermarktet werden.

Bei einem Kinderhochstuhl der Marke „Just for your baby“ erkannten die französischen Marktaufsichtsbehörden eine viel zu geringe Stabilität. Der Stuhl konnte leicht nach hinten kippen, was zu schwerwiegenden Kopf- und weiteren Verletzungen des Babys führen kann. Das Produkt aus China entsprach nicht den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und der einschlägigen europäischen Norm EN 14988.

Die französischen Marktaufsichtsbehörden ordneten einen Produktrückruf für ein Kinderbett aus der Türkei an. Das Produkt hat vorstehende Teile, die zu Verletzungen beim Kind führen können. Darüber hinaus ist der Abstand zwischen den Lamellen unzureichend. Ein Kind kann eingeklemmt werden und Verletzungen oder Strangulation erleiden, wenn es zwischen die Lamellen stecken bleibt. Das Produkt verstieß ebenfalls gegen die Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und die einschlägige europäische Norm EN 747-1.

Ebenfalls nicht mehr verkauft werden darf ein Sicherheitsgitter für Kinder aus China. Aufgrund einer Fehlfunktion des automatischen Verriegelungssystems öffnete sich das Sicherheitstor nach kurzer Einsatzzeit unerwartet. Ein Kind könnte so leicht durch die entstehende Öffnung gehen und die Treppe hinunterfallen. Das Produkt entsprach nicht der einschlägigen europäischen Norm EN 1930.

Überaus gefährlich ist auch eine Klettersicherung der Marke Climbing Technology aus Italien. Die polnischen Marktaufsichtsbehörden fanden heraus, dass bei einer starken Belastung der aufklappbaren Seitenplatte das Verriegelungssystem plötzlich ausfallen könnte. Dies kann zu Stürzen und schweren Verletzungen des Kletterers führen. Das Produkt widersprach den Anforderungen der persönlichen Schutzausrüstungsverordnung und muss bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden.

Dass eine Ausweitung des Sortiments auf aktuell nachgefragte Produkte ohne eingehende Beschäftigung mit den jeweiligen Spezifikationen nicht immer positiv ist, mußte die bekannte US-Sportmaske Under Armour erkennen. In schwarzen Gesichtsmasken aus Uruguay, die über Online-Marktplätze in Belgien verkauft wurden, befand sich Polyhexanid (PHMB). PHMB ist schädlich, wenn es inhaliert wird und kann zudem eine allergische Hautreaktion verursachen. Bei der Inhalation verursacht es durch wiederholte Exposition Schäden an Organen und es steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. Das Produkt entsprach weder der Verordnung über Biozidprodukte noch den Anforderungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit. Der Distributor muss das Produkt vom Markt nehmen und die Listung im Online-Marktplatz wurde beendet.

Auch in der letzten Woche wurden zudem zahlreiche Atemschutzmasken verboten, die nicht die vorgeschriebenen Partikel- bzw. Filterrückhaltungswerte erfüllten. Die Partikel-/Filterrückhaltung der Materialen betrugen teilweise nur 53 %, bei allen lagen sie jedoch unter den vorgeschriebenen 94 % für FFP2-Masken. Hierdurch schützen die Masken, die alle aus China stammten, nur unzureichend und entsprachen nicht der PSA-Verordnung und der einschlägigen europäischen Norm EN 149.

Die Marktaufsichtsbehörden auf Malta entdeckten drei verschiedene Verlängerungskabel, deren Herkunft unbekannt war und die teilweise über Amazon verkauft wurden. Alle drei Verlängerungskabel bargen durch verschiedene konstruktive Mängel die Gefahren von elektrischen Schocks, Verbrennungen und Feuer. Keines der Produkte entsprach den Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie.

Die von den Behörden erlassenen Maßnahmen sind für die betroffenen Unternehmen nicht nur äußerst kostspielig, sondern haben auch langfristige Imageschäden für Hersteller, Importeure oder Handelsunternehmen zur Folge. Wir sind sicher, dass entsprechende Tests und Prüfungen die Mängel schnell offenbart hätten. Diese Tests sind natürlich mit Kosten verbunden, hätten aber die drastischen negativen Auswirkungen durch Verkaufsverbote und Produktrückrufe bei weitem nicht erreicht.

Daher empfehlen wir unseren Kunden, dem Produkt Compliance Management einen höheren Stellenwert beizumessen und Schäden in beträchtlicher Höhe abzuwenden.

Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote schon bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten. Die meisten dieser Verkaufsverbote, Importverbote oder sogar Produktrückrufe hätten sich durch eine intensivere Beschäftigung mit den entsprechenden europäischen Vorschriften und Normen sicher vermeiden lassen und den jeweiligen Importeuren, Herstellern und Handelsunternehmen große finanzielle Schäden erspart.

Wir raten daher unseren Kunden, dem Thema Produkt Compliance und Produktsicherheit eine größere Bedeutung beizumessen, um sich vor derartigen, oft existenzbedrohenden Situationen zu schützen.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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