Rapex-Report am Donnerstag: 74 Produktrückrufe und Verkaufsverbote in einer Woche – Europäische Behörden stoppen immer mehr gefährliche Produkte

In der letzten Woche dürfte es einen absoluten Höchstwert bei den Meldungen im Safety Gate der Europäischen Union gegeben haben: Allein in einer Woche gingen 74 Meldungen über gefährliche Produkte aus den verschiedenen Mitgliedsländern ein. Hierin sind die Meldungen zur Kategorie Kraftfahrzeuge nicht einmal enthalten.

Eindeutiger Spitzenreiter waren Spielzeuge mit 31 Eintragungen, gefolgt von Elektroartikel und Zubehör (incl. Beleuchtung und Lichterketten) sowie Schmuck mit jeweils 10 Meldungen. Vom weiteren Vertrieb in der gesamten europäischen Union ausgeschlossen oder sogar mit Produktrückrufen belegt wurden zudem zahlreiche Atemschutzmasken (7 Meldungen), verschiedene Bekleidungsprodukte (6 Meldungen) und unterschiedliche Kosmetikprodukte (6 Meldungen).

Bei den Spielzeugen bemängelten die Behörden die klassischen Probleme: Erstickungs- oder Strangulierungsgefahren und verbotene Chemikalien. Bei einer Vielzahl von Produkten konnten sich Kleinteile oder das Füllmaterial lösen, so dass ein Kund daran ersticken könnte. Die Produkte verstießen alle gegen die Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 71-1.

Eine Vielzahl von Spielzeugen enthielten verschiedene Phtalate (DEHP, DBP, DIBP) in teils unglaublich hohen Konzentrationen (Gewichtsanteile von 40,6 %, 38,8 %, 37,9 %, 37,4 %). Die verschiedenen Phthalate können die Gesundheit von Kindern und ihr Fortpflanzungssystem schädigen. Die Produkte entsprachen nicht der REACH-Verordnung.
Bei zwei weiteren Spielzeugen war die Bormigration aus dem jeweiligen Produkt (Schleim, Ton) zu hoch (gemessene Werte 3 110 mg/kg bzw. 1.730 mg/kg). Die Aufnahme oder der Kontakt mit einer übermäßigen Bormenge kann die Gesundheit von Kindern schädigen, indem sie das Fortpflanzungssystem schädigt. Beide Produkt verstießen gegen die Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 71-3.

Bei einer Schaukel konnten die Schnüre sich um den Hals des Kindes wickeln, was eine Strangulation und Einklemmgefahr zur Folge haben kann. Das Produkt entsprach nicht den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 71-8.

Eine besondere Gefahr für Kinder stellte zudem eine Kunststoff-Frisbee mit LED dar: Der Laserstrahl in der inneren LED im Zentrum der Frisbee war zu stark (1.96 mW bei einem Grenzwert von 0.39 mW). Eine direkte Betrachtung des Laserstrahls, wenn die LED aus der Frisbee herausgenommen wird, kann zu einer Beeinträchtigung des Sehvermögens führen. Das Produkt ist nicht konform zu den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie und der einschlägigen europäischen Norm EN 62115.

Die Behörden aus Schweden stellten bei verschiedene Halsketten und Armbändern überhöhte Menge an Cadmium (Messwerte nach Gewicht:95%, 86 %, 84 %, 80,4%, …) oder Blei (gemessener Wert nach Gewicht: 32,6 % und 18,1%). Cadmium ist schädlich für die menschliche Gesundheit, da es sich im Körper ansammelt, Niere und Knochen schädigen und Krebs verursachen kann. Eine überhöhte Blei ist ebenfalls schädlich für die menschliche Gesundheit, akkumuliert sich im Körper, kann Entwicklungsneurotoxizität verursachen und wirkt sich auf gestillte oder ungeborene Kinder aus. Keines der Produkte entsprach der REACH-Verordnung und alle wurden mit Verkaufsverboten oder sogar Produktrückrufen belegt.

Bei den verschiedenen Elektroprodukten (Haartrockner, Lichterketten, Verlängerungskabel, Adapter) konnte es aufgrund ungenügender Konzeption oder schlechter Produktionsqualität zu einem elektrischen Schlag, Verbrennungen oder gar Feuer kommen. Die Produkte waren nicht konform mit der Niederspannungsrichtlinie und den europäischen Normen EN 60598, EN 60335, EN 60974-1, EN 60309-1 und EN 60309-2

Der Kunststoff eines Nasentrimmers, der mit der Haut in Berührung kommt, enthielt eine übermäßige Menge polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK), insbesondere Benzo (a) pyren, Benzo (a) anthracen und Dibenzo (a, h) anthracen (gemessene Werte: 20 mg/kg, 81,5 mg/kg bzw. 2,3 mg/kg Gewicht). Diese PAK können Krebs verursachen und sind auch erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend. Dieses Produkt war nicht in Einklang mit der REACH-Verordnung.

Die untersuchten Atemschutzmasken trugen zum überwiegenden Teil eine CE-Kennzeichnung, waren aber nicht von einer zuständigen Stelle als Schutzausrüstung zertifiziert worden. Folglich erfüllten die Produkt möglicherweise nicht die Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen und schützen daher nicht angemessen, wenn es nicht mit zusätzlichen Maßnahmen kombiniert wird. Die Produkte entspracht daher nicht der Verordnung über persönliche Schutzausrüstungen und der einschlägigen europäischen Norm EN 149.

Bei einigen Kosmetika entdeckten die Behörden aus Schweden, Niederlande, Finnland und Zypern zu hohe Mengen an Quecksilber, Wasserstoffperoxid, Hydrochinon und weiteren gesundheitsgefährdenden Stoffen, die in Kosmetika verboten sind. Die verschiedenen Kosmetika entsprachen nicht der Verordnung über kosmetische Mittel.

Nach einer Untersuchung der Allianz können Produktrückrufe von Elektroartikeln oder Spielzeugen leicht Kosten zwischen 650.000 € und 1.000.000 € nach sich ziehen. Auch schlagen Importverbote bei mittelgroßen Lieferungen leicht mit 50.000 – 100.0000 € zu Buche, ganz abgesehen von zusätzlichen Strafzahlungen an Kunden und Imageverlusten. Die meisten dieser Verkaufsverbote, Importverbote oder sogar Produktrückrufe hätten sich durch eine intensivere Beschäftigung mit den entsprechenden europäischen Vorschriften und Normen sicher vermeiden lassen und den jeweiligen Importeuren, Herstellern und Handelsunternehmen große finanzielle Schäden erspart.

Wir raten daher unseren Kunden, dem Thema Produkt Compliance und Produktsicherheit eine größere Bedeutung beizumessen, um sich vor derartigen, oft existenzbedrohenden Situationen zu schützen.

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Dr. Hartmut Voss
Dr. Hartmut Voss ist Gründer und Geschäftsführer der trinasco GmbH und Experte für Produkt Compliance Management. Er hat bei führenden internationalen Unternehmen wie Pepsi-Cola, Sony und Nokia gearbeitet und erfolgreich diverse Marketing-, Vertriebs- und General Management-Funktionen übernommen. Unter anderem leitete er eine europäische Business Unit, die Produkte mit asiatischen Lieferanten entwickelte, produzierte und in Europa vermarktete.

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